Bloss zwei der 15 Passagiere überlebten zunächst den Seilriss der Stresa-Mottarone-Seilbahn am Pfingstsonntag auf der italienischen Seite des Lago Maggiore. Aus noch ungeklärten Gründen kappte das Drahtseil. Um 12.30 Uhr krachte die Gondel nach dem letzten Masten, rund 300 Meter vor der Bergstation, in den bewaldeten Berghang. 13 Menschen starben auf der Stelle.
Retter konnten zwei Überlebende bergen: ein jüngeres und ein älteres Kind. Kurz vor 15 Uhr wurden die beiden schwer verletzt mit einem Helikopter ins Spital Regina Margherita in Turin geflogen. Ärzte beschrieben ihren Zustand als kritisch, wie die «Corriere della Sera» berichtet.
Die Ärzte kämpften vergeblich um das Leben des älteren Gondelopfers. Das mutmasslich neunjährige Kind starb wenige Stunden nach der Ankunft im Spital. Mutmasslich, weil das Opfer keine Papiere auf sich trug und seine Identität unklar ist. Das Kind hatte erst mehr als sechs Minuten reanimiert werden müssen. Das Opfer hatte mehrere Brüche, ein Schädel- und Brustkorbtrauma erlitten. Doch jede Hilfe kam zu spät. Das Herz setzte aus. Der Verletzte starb unter grossen Qualen, wie es heisst, auf der Intensivstation.
Überlebender Bub hat Angst
Das jüngere Opfer, ein etwa fünfjähriger Bub, ist bei Bewusstsein, doch auch er schwebt laut Fabrizio Gennari, Direktor der Kinderchirurgie am Spital, in Lebensgefahr. Er erlitt mehrere Beinbrüche, die noch am Sonntag operiert wurden. Auch der Bub trug keine Papiere auf sich. Zuerst kannte niemand im Spital seinen Namen und sein genaues Alter.
Auch er erlitt Verletzungen – am Kopf, an der Brust und am Bauch. Doch mehr noch als Schmerzen hat er Angst: «Lasst mich in Ruhe, ich habe Angst» – das sollen die einzigen Worte sein, auf Italienisch, die der Bub nach seiner Einlieferung in der Notaufnahme sagte.
Ärzte kämpfen um das Leben des Jungen. «Um ihn zu stabilisieren, wurde er sediert. Wir haben keine Chance, weitere Worte mit ihm zu wechseln», so Chirurg Gennari. «Aber er spricht auf die Behandlung an.» Die nächsten Stunden seien entscheidend.
Eitan verliert seine ganze Familie
Das Unglück forderte tote Familien und Liebespaare. Wer sind die Eltern des einzigen Überlebenden? Mit wem war der Bub auf den Berg gefahren?
Bald wurden die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Der Kleine verlor seine ganze Familie, wie die Tante, Aya B., bestätigt. Sie habe ihren Bruder, ihre Schwägerin «und den kleinen Tom» verloren. Unter den Unfallopfern sei die fünfköpfige Familie aus Israel: die beiden Urgrosseltern Konisky und Tshak C.* (71 und 83), deren Enkelin Tal Peleg (27), ihr Mann Amit B. (30) und Sohn Tom (2).
Das israelische Aussenministerium bestätigte am Montag den Tod von fünf Staatsbürgern. Tom war erst zwei Jahre alt und in Pavia geboren worden, wo die Familie lebte, wie «La Repubblica» schreibt. Sein Vater war zum Medizinstudium nach Italien gezogen – und Uroma und Uropa reisten in dieser schweren Zeit in ihrer Heimat für kurze Ferien aus Israel an. Sie hatten sich eben erst impfen lassen und wollten dem Bombenhagel in Israel im sicheren Italien entgehen. Der Bub, der jetzt im Turiner Spital um sein Leben kämpft, ist ihr Enkel und heisst Eitan. Eitan hat seine ganze Familie verloren. (kes)
* Namen der Redaktion bekannt