Faruk Orman (37) ist nun ein freier Mann. Das oberste Berufungsgericht im australischen Bundesstaat Victoria hob am Freitag das Mordurteil gegen Faruk Orman auf.
Grund ist, dass seine Anwältin jahrelang eine Informantin der Polizei gewesen war. Das Doppelleben der prominenten Strafverteidigerin könnte dazu führen, dass etliche weitere Verbrecher ihre Urteile anfechten und aus dem Gefängnis freikommen.
In Melbourne hatte ab Ende der 90er Jahre ein blutiger Bandenkrieg rund vier dutzend Menschen das Leben gekostet. Orman wurde 2007 schuldig gesprochen, nach der Ermordung des Gangsters Victor Peirce im Jahr 2002 das Fluchtauto gefahren zu haben. Er wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt.
Einer der grössten Justizskandale in Australien
Im vergangenen Jahr wurde dann aber bekannt, dass seine Anwältin Nicola Gobbo, die damals mehrere Bandenmitglieder vor Gericht vertreten hatte, die Polizei jahrelang über die Machenschaften ihrer Mandanten auf dem Laufenden gehalten hatte. Die Enthüllungen führten zu einem der grössten Justizskandale in Australien seit Jahren.
Auch Ormans Fall wurde danach neu aufgerollt. Gobbo war den neuen Erkenntnissen zufolge nicht nur Polizei-Informantin, sondern sie hatte auch den wichtigsten Zeugen vertreten, der im Prozess gegen Orman ausgesagt hatte. Orman hatte stets seine Unschuld beteuert.
Hatte Menschen an seiner Seite, die an ihn geglaubt haben
Das Berufungsgericht hob Ormans Verurteilung nun auf und sprach von einem klaren Fehlurteil. Gobbos Verhalten habe sein Recht auf einen fairen Prozess untergraben und die «Grundlagen» der Strafjustiz erschüttert, erklärte das Gericht.
Der 37-Jährige sagte nach seinem Freispruch, er verlasse das Gefängnis nicht «verbittert oder wütend». Er könne sich glücklich schätzen, Menschen an seiner Seite zu haben, die all die Jahre «an mich geglaubt und für mich gekämpft haben».
Etliche Verurteilte hoffen nun auf Freilassung
Die australischen Strafverfolgungsbehörden hatten im vergangenen Jahr insgesamt 22 Betroffene darüber informiert, dass sie wegen des Skandals Rechtsmittel gegen ihre Verurteilungen einlegen können. Auch der berüchtigte Drogenbaron Tony Mokbel, der eine 30-jährige Gefängnisstrafe wegen Drogenhandels absitzt, will seine Verurteilung anfechten und hat bereits seine Haftentlassung beantragt.
Vermutlich können aber noch etliche weitere Verurteilte auf eine Freilassung hoffen, darunter auch einige Schwerverbrecher. Gobbo, die von der Polizei als Anwältin X und Informantin 3838 geführt wurde, hat selbst angegeben, dass mindestens 386 Menschen aufgrund ihrer Informationen festgenommen und verurteilt worden sind. (SDA)