Damit hat niemand gerechnet: Die Newcomerin Alexandria Ocasio-Cortez (28) hat am Dienstag bei den Vorwahlen in New York das Urgestein Joseph Crowley (56) hinter sich gelassen. Crowley, der seit 1999 für Teile der New Yorker Bezirke Bronx und Queens im Repräsentantenhaus sitzt, galt als einer der mächtigsten Demokraten des Landes und war sogar als künftiger Minderheitsführer vorgesehen.
Ocasio-Cortez, deren Mutter aus Puerto Rico und deren Vater aus der Bronx stammt, unterstützte im letzten Wahlkampf den Sozialdemokraten Bernie Sanders (76). Entsprechend sind ihre Positionen deutlich links von der Mitte: Krankenversicherung für alle, eine staatliche Job-Garantie und mehr Rechte für Einwanderer.
Ihr Überraschungs-Sieg ist ein Denkzettel für die alteingesessenen Demokraten – und könnte wegweisend für die Zukunft der Partei sein. Nach Einschätzung einiger Medien ist ihr Erfolg ein Anzeichen dafür, dass sie während der Amtszeit von US-Präsident Trump (72) nach links driftet. «Wir haben der Welt heute eine Nachricht geschickt», sagte Ocasio-Cortez in ihrer Siegesrede. «Dass es nicht okay ist, die Interessen der Geldgeber über die der Bevölkerung zu stellen.»
«Ein solcher Demokrat kann uns unmöglich vertreten»
Der Amtsinhaber Crowley vertritt zwar linke Positionen, ist aber wie viele seiner Parteikollegen auch eng mit der Wall Street verbandelt. Dank Spendengeldern von dort hatte er ein fast zehnmal höheres Wahlkampfbudget als seine Herausforderin. Genützt hat es nichts: Sie holte sich einen deutlichen Sieg mit knapp 58 Prozent der Stimmen.
Bereits in ihrem Wahlkampf-Video an Wähler in der Bronx und Queens hatte Ocasio-Cortez dem Establishment den Kampf angesagt: «Ein Demokrat, der Geld von Konzernen annimmt, nicht hier lebt, seine Kinder nicht hier zur Schule schickt und nicht unsere Luft atmet, kann uns unmöglich vertreten.»
Crowley zeigte sich als guter Verlierer. Er sagte seiner Herausforderin seine Unterstützung zu und sang ihr den Song «Born to Run» von Bruce Springsteen.
Sie wäre die jüngste Frau im US-Kongress
Alexandria Ocasio-Cortez tritt bei den Zwischenwahlen im November gegen einen Republikaner an. Da ihr Wahlkreis aber fest in demokratischer Hand ist, stehen ihre Chancen auf eine Wahl gut. Sie wäre die jüngste Frau, die je in den US-Kongress gewählt wird.
Bei den Zwischenwahlen im Herbst geht es aber mehr als um die Identität der Demokraten. Die Partei könnte den Republikanern im Repräsentantenhaus die Mehrheit entreissen – und damit Donald Trump und seinen Republikanern das Leben erheblich erschweren.
Nicht nur in New York, sondern auch in sechs weiteren Gliedstaaten gab es am Dienstag Vorwahlen. Bei den Republikanern setzte sich unter anderem der frühere Präsidentschaftskandidat Mitt Romney (71) in Utah gegen seinen Konkurrenten durch. Er kandidiert im November für einen Sitz im US-Senat.