David S.* träumt von einem kleinen Paradies am Berghang von Totalán. Der Mann aus Málaga will Mangos und Avocados pflanzen. All sein Erspartes steckt er in den Kauf der südspanischen Parzelle. Dreimal lässt Julens Onkel zweiten Grades auf dem Grundstück nach Wasser bohren. Ohne Genehmigung – und ohne Erfolg. Eines der Schächte wird dem Buben zum tödlichen Verhängnis (BLICK berichtete).
Zwei Wochen nach dem die wohl verzweifeltste Rettungsaktion Spaniens zu Ende ging, stellt sich David S. der internationalen Presse. Julen ist inzwischen neben seinem vor zwei Jahren ebenfalls verstorbenen Bruder Oliver (†3) beerdigt. Die Rettungsmannschaft sind abgezogen. Den Eltern bleibt die schmerzhafte Trauer. Doch für David S. beginnt eine neue Hölle. Ist er schuld am Tod des kleinen Julen? Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung.
«Ich hätte nie gedacht, dass ein Kind in das Loch fallen könnte»
Unter Tränen schwört der Ehemann der Cousine von Julens Vater José Rossello (29): «Ich hatte das Loch abgedeckt!» Die zwei Betonziegelsteine, die er auf das nun 25 Zentimeter grosse Loch gelegt haben will, bringt der Mann aus Málaga zur Pressekonferenz mit. Er habe befürchtet, dass jemand aus Versehen ins Loch treten und sich den Fuss verletzen könnte, «doch, dass ein Kind darin verschwindet, das wäre mir nie in den Sinn gekommen».
Doch genau das geschieht am 13. Januar, 14 Uhr. David S. hatte José Rossello und dessen Familie zu einem Picknick nach Totalán eingeladen. Sie bereiten gerade das Feuer im Freien für die Paella vor, als Rossellos Sohn Julen in das 107 Meter tiefe Bohrloch stürzt. «Wir hörten die Schreie unter der Erde», erinnert sich David S. während der PK in Málaga. Er könne nicht aufhören, daran zu denken.
Toter Bub nach fast 13 Tagen geborgen
Zwölf Tage und elf Stunden versuchen Spezialisten mit aufwendigem Gerät zum Buben, der in 71 Meter Tiefe feststeckt, vorzudringen. In der Nacht auf den 26. Januar wird der kleine leblose Körper endlich geborgen. Julen war bereits am Tag des Sturzes an seinen Verletzungen erlegen, ergibt die Obduktion.
Von einer Mitschuld will David S. nichts wissen. «Wir sind am Boden zerstört. Wir müssen jeden Tag mit dieser Tragödie leben und nun auch mit diesen Vorwürfen. Ich habe doch niemanden getötet», beteuert der Südspanier. «Es war ein Unfall!»
Es gäbe keinen Unterschied zwischen dem Unglück in Totalán und den alltäglichen Unfällen, bei denen Kinder beispielsweise an einem Stromschlag sterben, sich versehentlich vergiften oder aus dem Fenster fallen. Auch er habe eine zweijährige Tochter, beteuert der Hobby-Farmer weiter, «sie war an jenem Tag dort. Sie hätte ebenfalls in das Loch fallen können».
Auch dem Brunnen-Bauer droht mehrjährige Haftstrafe
Neben dem Brunnenbesitzer ist auch der Schacht-Bauer im Visier der Ermittler. Doch auch Antonio S.* will ebenso wenig verantwortlich sein für den Tod des kleinen Julen. Er habe, so beteuert S., das Loch mit einem 15 Kilo schweren Stein abgedeckt. Dieser sei offensichtlich vom Grundstücksbesitzer bei Seite geschoben worden.
Wie die spanische Zeitung «El Mundo» berichtet, müssten sowohl David S. als auch Antonio S. mit gerichtlichen Urteilen und mit Haftstrafen bis zu vier Jahren rechnen. Die Eltern könnten gegen sie zivilrechtlich vorgehen. Und: Dem Brunnen-Duo drohe die Rechnung über die enormen Rettungskosten.
* Namen geändert