Der Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) ist beunruhigt nach dem Angriff auf einen orthodoxen Juden in Zürich-Wiedikon. Dass der Mann am helllichten Tag von zwanzig Neonazis angepöbelt worden sei, stelle «eine neue Dimension» dar. «Die Täter gingen trotz der Anwesenheit von Passanten ohne jede Hemmung vor», sagt SIG-Präsident Herbert Winter in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» und «Bund».
Die Anzahl antisemitischer Vorfälle habe zugenommen. So würden Buben die Kippa vom Kopf gerissen oder Juden aus einem Auto heraus beschimpft. «Früher haben wir das kaum gehört.»
Verunsicherung in der jüdischen Gemeinschaft
Besonders beunruhige ihn, dass sich die Täter weniger versteckten als früher und etwa in sozialen Medien mit vollem Namen zu Beschimpfungen und Drohungen stünden. Den Grund dafür sieht Winter in einer «allgemeinen Verrohung» der Gesellschaft.
Einige Juden würden sich inzwischen nicht mehr trauen, in der Öffentlichkeit eine Kippa zu tragen. «Es gibt Eltern, die ihre Kinder anweisen, auf dem Schulweg auf die Kippa zu verzichten oder eine Mütze darüber zu ziehen», sagt Winter.
«Er ist verunsichert»
Das Opfer, das Anfang Juli im Zürcher Kreis 3 angegriffen worden war, ist laut Winter verunsichert. Aus Angst davor, dass seine Identität öffentlich werden könnte, habe er sich noch nicht entschieden, ob er Anzeige erstatten wolle. Auch wenn der Vorfall sehr betroffen mache, rate der Gemeindebund, Ruhe zu bewahren.
Zur Attacke äusserte sich auch die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch. In einem Beitrag auf ihrer Facebook-Seite verurteilte sie den «antisemitischen» Angriff als «absolut inakzeptabel». Zürich wolle seine «Weltoffenheit und den Respekt zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Herkunft mit Überzeugung und aller Kraft bewahren». (SDA/lha)