Was macht man, wenn man einen Fälscher entlarvt – und einem niemand glaubt? In Juan Morenos Fall: weinen. So beschreibt es der «Spiegel»-Autor in seinem Buch, das in diesem Monat erscheint.
Den 46-Jährigen plagten nicht nur Frust, sondern echte Existenzängste. «Ich wusste, wenn ich rausfliege und alle Welt sich erzählt, ich hätte einen Kollegen zu Unrecht angeschwärzt, dann bekomme ich ein fundamentales Problem», sagt Moreno in einem Interview mit der Wochenzeitung «Die Zeit».
«Spiegel»-Redakteure warfen Juan Moreno Lügen und Bestechung vor
Moreno hat im vergangenen Jahr einen der grössten Fälschungsskandale im deutschsprachigen Journalismus aufgedeckt. Bei der Zusammenarbeit mit dem «Spiegel»-Reporter Claas Relotius (33) waren Moreno Unstimmigkeiten aufgefallen. Er recherchierte weiter und entdeckte, dass der mehrfach preisgekrönte Star-Journalist unzählige seiner gefeierten Reportagen und Porträts gefälscht hatte.
«Erst dachte ich, er übertreibe oder sei angelogen worden», sagt Moreno über seinen Anfangsverdacht. Doch als er erst Relotius und später auch die Spiegel-Redaktion mit dem Verdacht konfrontierte, stiess er auf ungeahnten Widerstand. Es habe sogar Pläne gegeben, ihn zu feuern. Es sei «fast schon absurd» gewesen, als er den verantwortlichen Redakteuren seine in den USA aufgenommenen Videos gezeigt habe, in denen Protagonisten aus Relotius' Reportagen aussagten, dass sie Relotius nie getroffen hätten. «Damals wurde suggeriert, ich hätte diesen Leuten womöglich Geld für ihre Aussagen geboten.»
Buch und Film zur Relotius-Affäre
Der «Spiegel» selbst machte den Skandal im Dezember 2018 schliesslich öffentlich. Unter dem Titel «Sagen, was ist». Das sei seine Idee gewesen, erzählt Moreno. «Ich wollte nicht, dass der Spiegel zerstört wird.» Er fürchtete: «Das hätte passieren können, wenn nicht die eigene Redaktion die Relotius-Geschichte aufgedeckt hätte und eine gefährliche Kettenreaktion entstanden wäre.»
Die meisten der Verantwortlichen, die ihm anfangs nicht glauben wollten, haben sich mittlerweile bei Moreno entschuldigt. Abgeschlossen habe er mit der Affäre aber erst mit dem Buch, das am 17. September erscheint. «Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus» soll ausserdem verfilmt werden. Am Film selbst wird Moreno jedoch nicht mitarbeiten. «Ich kann definitiv ausschliessen, dass ich in dem Film mitspiele, das Drehbuch schreibe oder fürs Catering zuständig bin.» Anschauen werde er ihn sich allerdings. (kin)