Jetzt ist es offiziell
Sahra Wagenknecht gründet eigene Partei

Die deutsche Politikerin Sahra Wagenknecht gründet ihre eigene Partei. Zur Europawahl 2024 will sie mir dem «Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit» antreten.
Publiziert: 23.10.2023 um 13:50 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2023 um 14:19 Uhr
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Lukas Schön, Amira Mohamed Ali, Sahra Wagenknecht, Ralph Suikat, Christian Leye (v.l.n.r.) gründen eine Partei.
Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler

Die Politikerin Sahra Wagenknecht verlässt Deutschlands Linke und gründet ihre eigene Partei. «Wir haben uns zur Gründung einer neuen Partei entschieden, weil wir überzeugt sind, so wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen», sagte Wagenknecht am Montag in Berlin. «Denn sonst werden wir unser Land in zehn Jahren wahrscheinlich nicht wiedererkennen.» Die Partei soll Anfang 2024 gegründet werden und zur Europawahl im Juni 2024 antreten. Neun Kollegen der Linke schliessen sich ihr an.

Bis zur Gründung wollen Wagenknecht und ihre Mitstreiter mit Mandat weiter in der Linken-Fraktion im deutschen Parlament bleiben, wie sie deutlich machten. Wagenknecht begründete das auch mit Rücksicht auf Beschäftigte in der Fraktion und einem «geordneten Übergang». Spätestens ab Januar werde die Linken-Bundestagsfraktion aber nicht mehr bestehen können, fügte die 54-Jährige hinzu.

Die Fraktion hat nur 38 Abgeordnete. Wenn mehr als zwei von ihnen austreten oder ausgeschlossen werden, verliert sie den Fraktionsstatus und kann nur noch als Gruppe weitermachen. Die Linken-Spitze hat Wagenknecht und ihre Unterstützer hingegen zur Abgabe der Mandate aufgefordert.

Spendensammlung beginnt

Wagenknecht hatte bereits seit Monaten Erwägungen zur Gründung der Partei angestellt. Vor einigen Wochen hatten ihre Unterstützer den Verein «Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit» registrieren lassen. Dieser soll die Parteigründung nun vorbereiten und Spenden einsammeln. Vorsitzende ist die bisherige Fraktionsvorsitzende der Linken, Amira Mohamed Ali. Geschäftsführer ist der frühere Geschäftsführer der Linken in NRW, Lukas Schön, Schatzmeister der Millionär Ralph Suikat.

Der Verein «‹Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit› wurde gegründet, um eine neue Partei vorzubereiten», hiess es in einer schriftlichen Erklärung. In Deutschland werde seit Jahren «an den Wünschen der Mehrheit vorbei regiert». Statt Leistung zu belohnen, werde von den Fleissigen zu den oberen Zehntausend umverteilt. Lobbywünsche würden bedient und öffentliche Kassen geleert. Beklagt wird ein «autoritärer Politikstil». Industrie und Mittelstand stünden auf dem Spiel.

Kritik an Ampel-Koalition

«Viele Menschen haben das Vertrauen in den Staat verloren und fühlen sich durch keine der vorhandenen Parteien mehr vertreten», heisst es in der Erklärung weiter. Wagenknecht kritisierte erneut scharf die Ampel-Koalition, die Deutschland schlecht regiere.

Einer Insa-Umfrage für «Bild am Sonntag» zufolge könnten sich 27 Prozent der Befragten in Deutschland vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Wahlumfragen sind aber generell mit Unsicherheiten behaftet. Die Linke-Parteispitze will gegen die Wagenknecht-Mitstreiter vorgehen. Gegen die Beteiligten des Vereins BSW sollen Parteiausschlussverfahren eingeleitet werden.

Die Linke ist aus der früheren DDR-Staatspartei SED hervorgegangen, deren Nachfolger sich 2007 mit westdeutschen Linken zu einer neuen Partei zusammenschlossen. Ihre Hochburgen hat sie weiterhin im Osten Deutschlands, in Thüringen stellt sie den Ministerpräsidenten. 

Wagenknecht steht in Kritik

Nicht nur Wagenknecht verlässt die Partei. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat den Parteiaustritt von ihr und neun weiteren Abgeordneten als «unverantwortlich und inakzeptabel» kritisiert. Bartsch bestätigte am Montag, dass die zehn betroffenen Abgeordneten trotz ihres Parteiaustritts einen Antrag auf Verbleib in der Linksfraktion gestellt hätten. «Unsere Fraktion wird souverän und in grosser Ruhe darüber entscheiden», kündigte Bartsch an. 

Scharfe Kritik übte Fraktionschef Bartsch in seiner Erklärung an Wagenknechts Äusserung zum Gazastreifen: Sie hatte diesen in ihre Pressekonferenz als «Freiluftgefängnis» bezeichnet. Dazu erklärte Bartsch: «Ich distanziere mich auf das Schärfste.» Es gehe «gerade in diesen Zeiten um Haltung». (SDA)

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