Hat der ehemalige «Spiegel»-Reporter und Reportagen-Fälscher Claas Relotius auch noch Spendengelder für sich privat verwendet – statt an Waisenkinder zu spenden?
Diese Frage stellten sich viele, denn das Vertrauen in Relotius war verschwunden. Vor Weihnachten musste das renommierte deutsche «Spiegel»-Magazin in schockierender Art und Weise enthüllen, dass ein eigener Reporter ganze Reportagen erfand. Darunter auch jene über zwei angebliche syrische Kriegsflüchtlingskinder.
Viele Leser wollten den beiden Kindern Geld spenden. Relotius bot ihnen an, das Geld auf seinem privaten Konto zu sammeln und weiterzuleiten. Seit man weiss, dass auch dieser Artikel der Fantasie entsprungen war, fragt man sich: Hat er die Spendengelder für sich privat eingesackt?
Anwalt äussert sich
Die Antwort hört man nun nicht von Relotius selbst – sondern von seinem Anwalt. Er bestätigt: Sein Mandat hat Gelder gesammelt. Und er hat den Lesern «die Illusion über die reale Existenz des geschilderten Geschwisterpaars» aufrechtgehalten.
Doch: «Zu keinem Zeitpunkt hat er jedoch beabsichtigt, Spenden selbst zu vereinnahmen. Eine solche Verwendung ist auch nie erfolgt.» Stattdessen soll Relotius die Spenden (über 7000 Euro) mit eigenem Geld auf 9000 Euro aufgestockt haben. Den Betrag habe er am 26. Oktober 2016 an die Diakonie Katastrophenhilfe für ein Projekt zur Unterstützung von kriegsflüchtigen Kindern im Irak («Suleimaniyah») überwiesen.
Zeigt er Reue?
Der Anwalt stellte Relotius dar, als würde er Reue zeigen: «Ihm ist bewusst geworden, dass er hierdurch dem Ansehen des ‹Spiegel› und der Presse insgesamt schweren Schaden zugefügt hat. Er bedauert dies zutiefst und wird sich bemühen, diesen Schaden soweit möglich zu begrenzen.»
Auch bestreitet er, dass Relotius mit seinem Tun den politischen Kräften in die Hände spielen wollte, die nun seine falschen Reportagen als «Beweis für die Existenz einer angeblichen 'Lügenpresse' in Deutschland» nutzen. (pma)