Auch die finnische Europaministerin Tytti Tuppurainen, deren Land derzeit den Vorsitz bei den EU-Mitgliedstaaten hat, sagte, ein ungeregelter Brexit am 31. Oktober sei «ein ziemlich wahrscheinliches Ergebnis».
Juncker verlangte vom britischen Premierminister Boris Johnson erneut «schriftlich» Vorschläge, um Alternativen für die umstrittene Auffanglösung (Backstop) zu finden, die Grenzkontrollen zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland verhindern soll. «Es bleibt uns sehr wenig Zeit, aber ich bin überzeugt, dass wir es versuchen müssen», sagte Juncker.
Er habe bei seinem Treffen mit Johnson am Montag zudem vereinbart, dass die Verhandlungen durch den EU-Unterhändler Michel Barnier und Brexit-Minister Stephen Barclay nun auch auf politischer Ebene geführt werden und nicht nur durch Fachleute auf technischer Ebene. Barnier warnte Johnson vor den Abgeordneten, es könne nicht darum gehen, Verhandlungen mit der EU nur «vorzutäuschen».
EU muss auf No-Deal-Brexit vorbereitet sein
Tuppurainen bekräftigte, angesichts der unklaren Situation in Grossbritannien müsse die EU ihre Vorbereitungen auf einen No-Deal-Brexit weiter vorantreiben. Sie verwies auch darauf, dass die Verhandlungen nach dem Brexit über die künftigen Beziehungen zwischen beiden Seiten ganz wesentlich davon abhingen, «ob das Vereinigte Königreich mit oder ohne Deal austritt».
Johnson will den Brexit am 31. Oktober notfalls auch ohne Abkommen mit der EU vollziehen. Um seinem Ziel näher zu kommen, hatte er das britische Parlament bis 14. Oktober in eine Zwangspause geschickt.
Mehrere britische Abgeordnete klagten jedoch dagegen. Zurzeit wird der Fall vor dem obersten Gerichtshof Grossbritanniens in London verhandelt. Am Mittwoch sollen voraussichtlich die Verteidiger der Regierung vor Gericht ihren Standpunkt vortragen.
Schottland liebäugelt mit neuem Unabhängigkeits-Referendum
Die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon hat im Falle eines ungeordneten Brexit ein neues Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands angekündigt. «Wir sollten dies dann 2020 ins Auge fassen», sagte Sturgeon am Mittwoch in Berlin.
Sie verteidigte die Forderung nach einer zweiten Volksabstimmung in Schottland. Es sei demokratisch, wenn sich die Bevölkerung in einem zweiten Referendum unter geänderten Umständen für eine andere Mehrheit entscheiden könne, sagte sie mit Blick auf das erste Referendum, in dem sich eine Mehrheit gegen einen Austritt Schottlands aus dem Vereinigten Königreich ausgesprochen hatte.
Sturgeon riet der EU ausserdem, einer erneuten Verlängerung des Brexit-Datums zuzustimmen, sollte Grossbritannien dies beantragen. Denn Premierminister Boris Johnson versuche verzweifelt, die EU zum Schuldigen für einen Austritt ohne Vertrag zu machen, begründete sie ihre Position. Die EU sollte deshalb alles tun, um diese Schuldzuweisung zu vermeiden. (SDA)
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.