Japan trauert fünf Jahre nach dem GAU
Wie gefährlich ist Fukushima heute?

Am 11. März 2011 führte in Fukushima ein Seebeben zum Tsunami und zum GAU. Die japanische Regierung propagiert die Rückkehrt zur Normalität. Doch von den grossen Problemen sind nur wenige gelöst.
Publiziert: 11.03.2016 um 14:03 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 11:02 Uhr
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Kampf gegen die Radioaktivität: Arbeiter dekontaminieren den Boden.
Foto: imago/AFLO

Es ist ein fast aussichtsloser Kampf, den Japan in Fukushima seit fünf Jahren führt: Bis heute arbeiten täglich 8000 Personen rund um das havarierte Atomkraftwerk. Sie dekontaminieren Flächen, versiegeln Böden, verlegen Leitungen und bauen Tanks für verseuchtes Wasser auf.

Letztere sind Fässer ohne Boden: 750'000 Tonnen kontaminiertes Grundwasser hat sich inzwischen angesammelt. Auf ehemaligen Reisfeldern liegen Millionen schwarzer Tausend-Liter-Plastiksäcke gefüllt mit verstrahlter Erde, bereit zum Abtransport. Doch ein Endlager hat man noch nicht gefunden.

Reaktorgebäude noch immer unbetretbar

Wie man die beim GAU geschmolzenen Brennstäbe jemals bergen wird, weiss niemand. Die betroffenen Reaktorgebäude darf wegen der hohen Strahlung kein Mensch betreten. Mit Robotern versucht man, sich zumindest einen groben Überblick über die Lage zu verschaffen.

Ein Blick auf den beschädigten Meiler 3.
Foto: Reuters

Die Situation auf dem Kraftwerksgelände hat sich zwar «stabilisiert», wie der Betreiberkonzern Tepco jüngst erklärte. Doch von den grossen Problemen sind nur die wenigsten gelöst.

Tepco hält den Rückbau der Atomruine zu lediglich «zehn Prozent» für abgeschlossen. Keiner spricht mehr von einer Zeitspanne von 40 Jahren, in der Fukushima bewältigt werden soll. Vielmehr geht man neu von 70 Jahren aus.

Zehntausende leben in Containern

Gerade mal fünf Minuten hatte das Seebeben am 11. März 2011 gedauert, das für den zweitgrössten Atom­unfall der Geschichte gesorgt hatte. Fünf Jahre später kämpft Japan noch immer mit den Nachbeben.

Mit einer Schweigeminute hat der Inselstaat heute den 18'500 Opfern des Unglücks gedacht. Unter den Trauernden waren auch zahlreiche Flüchtlinge aus der Sperrzone rund um das AKW.

Bis heute leben über 93'000 Menschen in provisorischen Unterkünften. Wann und ob sie nach Hause zurückkehren können, ist unklar. Viele wollen erst gar nicht zurück.

Ein Blick in ihre Gesichter verrät: Die Katastrophe ist nicht überwunden – auch wenn die Regierung die Rückkehr zur Normalität propagiert.

Der verpuffte Fukushima-Effekt

Der Aufwand, den der Betreiber Tepco und der japanische Staat rund um Fukushima betreibt, ist gigantisch.

Die Gründe dafür sind klar: Nur wenn die Zone rund um das zerstörte AKW dekontaminiert ist, kann die Regierung die Evakuierungsbefehle aufheben und muss die Flüchtlinge nicht mehr entschädigen. Vor allem will sie damit aber das ramponierte Image der Atomkraft aufpolieren und die AKW-Betreiber des Landes vor der Pleite retten.

Dass Japans Öffentlichkeit mehrheitlich gegen die Atomkraft ist, scheint heute in Tokio nur noch die wenigsten zu kümmern.

Ähnlich wie in der Schweiz oder in Deutschland, wo Bundesrätin Doris Leuthard bzw. Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem 11. März 2011 die grosse «Energiewende» ausriefen, der sogenannte Fukushima-Effekt aber ziemlich rasch wieder verpuffte. (gr)

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