Der Begriff «Mohrenkopf» sorgt im deutschsprachigen Raum für Diskussionen. Zeichens der neuen politischen Korrektheit schmiss Migros Dubler-Mohrenköpfe aus dem Sortiment. Die mit Schokolade überzogenen süssen Verführungen heissen jetzt Schaumküsse. Dann der Mohrenkopf-Eklat in St. Gallen: Ein als Schwarzer Verkleideter verkaufte Mohrenköpfe, die Polizei rückte aus. Der Witzbold musste schliesslich noch zum Polizeiverhör antraben.
Es waren dies Nebengeräusche des durch Polizistengewalt getöteten Schwarzen George Floyd (†46) in den USA. Gleichzeitig begannen auch internationale Konzerne, offenbar rassistische Traditionsnamen von Produkten loszuwerden. Auch der Name Uncle Ben's Rice mit dem Kopf eines lächelnden älteren Schwarzen auf den Packungen soll bald der Geschichte angehören. Jetzt ist selbst eine Debatte um den dunkelhäutigen Kinderheld Jim Knopf entbrannt. Werden auch Jim-Knopf-Bücher eingestampft?
Über das ganze Tohuwabohu kann ausgerechnet ein Schwarzer nur lachen; einer, der ausgerechnet ein Restaurant namens «Zum Mohrenkopf» betreibt: Für Gastronom Andrew Onuegbu im norddeutschen Kiel sei «‹Mohrenkopf› eine Auszeichnung», wie er der «Bild» sagte. Auf die Idee, den Namen des Restaurants zu ändern, würde er nie kommen.
«Ja, ich bin ein Mohr»
«Ja, ich bin ein Mohr und stolz darauf», sagte Onuegbu auch dem Newsportal «Rundblick». Eine Aussage, mit der der 1992 aus dem damaligen Biafra-Nigeria Eingewanderte Experten vor den Kopf stösst. «Wir Schwarzen gehen damit generell ganz entspannt um, es wird hier aus einem Insekt ein Elefant gebastelt», sagte der Wirt auch zu «RTL». Traditionsnamen wie etwa eine Mohren-Apotheke oder Mohrenstrasse-Bahnstation umzunennen finde er «sehr dumm», auch die ganze Diskussion darum sei «furchtbar».
Der Mohrenkopf wies im Mittelalter diejenigen Häuser aus, erklärt die Webseite seines Restaurants, die als Fürstenherberge dienten. Ausserdem galt der Begriff als besonderes Zeichen für eine hervorragende Küche und eine zuvorkommende Bewirtung. Und seinen Kindern habe er von klein auf eingeprägt: «Lernt, seid fleissig, passt gut in der Schule auf. Dass ihr eine andere Hautfarbe habt, ist keine Ausrede für schlechte Noten.» Seine Tochter studiere inzwischen, er nenne sie liebevoll «Vollmilchschokolade – ihr Mutter ist weiss».
Dass sein Restaurantname auch bei Gästen manchmal für Unverständnis sorge, nimmt Onuegbu lächelnd hin. Einmal sei ein Pärchen reingekommen, er schwarz, sie weiss. Er wollte «mit deinem Nazi-Chef» sprechen und glaubte nicht, dass Onuegbu der Chef sei: «Ich ging also in die Küche, wendete die Bratkartoffeln und kam wieder raus.» Dann habe er ihnen die Bedeutung von Mohrenkopf erklärt und dem Mann gesagt, dass nicht der Name rassistisch sei, sondern anzunehmen, dass ein Schwarzer nicht Chef eines Restaurants sein kann. Onuegbus Stammgäste applaudierten. Er käme nicht im Traum auf den Gedanken, lächelt der dunkelhäutige Wirt, sein «Mohrenkopf»-Lokal umzubenennen. (kes)