Italiens Mafia-Jäger Nicola Gratteri (58) fordert die Auslieferung der Frauenfelder ’Ndrangheta-Mitglieder
«In der Schweiz wären die Urteile viel zu mild!»

BLICK sprach mit Italiens bekanntestem Mafia-Jäger über die neue Zusammenarbeit zwischen Schweizer und italienischen Behörden.
Publiziert: 09.03.2016 um 17:57 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 07:00 Uhr
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«Die Politiker wollen nicht zugeben, dass es die Bedrohung gibt.»
Foto: BLICK
Myrte Müller

BLICK: Herr Gratteri, nachdem die Frauenfelder Zelle 2014 aufflog, bemängelten Sie in einem Interview mit BLICK, dass niemand der Mafiosi damals dingfest gemacht wurde. Jetzt gab es 15 Verhaftungen. Hat Sie das überrascht?

Nicola Gratteri: Nein. Wir haben darauf gehofft, nachdem wir den Schweizer Behörden zusätzliches Belastungsmaterial zukommen liessen. Den Auslieferungsantrag hatten wir schon gestellt.

Worum geht es in den Akten?

Wir konnten die Schweizer davon überzeugen, dass die Mitglieder der Frauenfelder Zelle enge Verbindungen zur ’Ndrangheta in Kalabrien pflegten und dass ihre Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation eindeutig belegbar ist. 

Der Frauenfelder Zelle wird also nach wie vor lediglich die Mafia-Zugehörigkeit vorgeworfen? Keine anderen Verbrechen?

So ist es. Dass nun zum ersten Mal die Schweiz auf dieser Grundlage Verhaftungen vornimmt, zeigt, dass sich die Haltung zur Strafverfolgung der Mafia im eigenen Land gewendet hat. Der Wille, etwa zu verändern, scheint da. 

13 der 15 Verhafteten sitzen in Auslieferungshaft. Doch fast alle widersetzen sich. Wird es eine Auslieferung wirklich geben?

Das hoffe ich. Doch eine Kristallkugel, in der ich in die Zukunft schauen kann, habe ich leider nicht.

Die Mafiosi könnten auch in der Schweiz prozessiert werden. Wären Sie damit einverstanden?

Nein. Ich hoffe sehr, das die Mitglieder der Frauenfelder Zelle nach Italien ausgeliefert und dort vor Gericht gestellt werden. Zugehörigkeit zur Mafia wird bei uns mit bis zu 20 Jahren Zuchthaus bestraft. In der Schweiz würden die Urteile viel milder ausfallen. 

Glauben Sie an weitere Schläge gegen die ’Ndrangheta in der Schweiz?

Die 15 Verhaftungen vom vergangenen Dienstag ist schon ein grosser Schritt. Doch in der Schweiz leben noch viele Dutzende Mitglieder der ’Ndrangheta. Es liegt nun an der Schweiz, ob und wie man auch gegen sie vorgehen wird.

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