Italienische Hoteliers hoffen auf Schweizer Touristen
«Lasst uns nicht im Stich»

Die Grenzen sind dicht. Eine Öffnung für die Tourismusbranche scheint nicht in Sicht. Auch Corona-Regeln gibt es noch keine. Dennoch bleiben Italiens Hotelbesitzer zuversichtlich und rechnen fest mit Stammgästen aus dem Norden.
Publiziert: 01.05.2020 um 20:22 Uhr
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Patrick Kuhn (47) und seine Frau Maria Contaldo (47) vom Agriturismo «Rosa Antica» in den Marken hoffen dieses Jahr auch auf einheimische Touristen.
Foto: zVg
Myrte Müller

Die Fernsehansprachen des italienischen Premiers werden mit Spannung verfolgt. Vor allem hängen die Touristiker an den Lippen von Giuseppe Conte (54). Werden bald die Grenzen geöffnet? Können die Gäste aus Nordeuropa bald einreisen? Bislang schauen Hotellerie und Gastronomie in Sachen Lockerung in die Röhre.

Die mageren Antworten kommen nicht nur aus Rom. Deutschland und die Schweiz warnen vor Reisen ins einstige Corona-Epizentrum und auch Italiens Tourismus-Minister Dario Franceschini (61) empfiehlt seinen Landsleuten den inländischen Tourismus. Vorerst jedenfalls bleiben Italiens Grenzen dicht.

Viele Regionen leben aber von ausländischen Gästen. So machen sie beispielsweise 70 Prozent der Gäste in Südtirol, 68 Prozent in Venetien und 60 Prozent in der Lombardei aus. Einzelne Hotels hatten bislang so gut wie keine italienische Touristen.

Traditionshotel hatte selbst während des Krieges auf

Seit Bestehen hat das Hotel Ghiffa am Lago Maggiore (Baujahr 1884) noch keine Saison verpasst. «Selbst im Zweiten Weltkrieg hatte es auf», sagt Valerio Cattaneo (55). Er und Bruder Flavio (57) führen das Vier-Sterne-Haus in Ghiffa (I). Auch dieses Jahr hoffen sie auf Gäste, vor allem auf die aus dem Norden. 98 Prozent aller Buchungen kommen aus der Schweiz, aus Deutschland, Frankreich, Belgien oder den Niederlanden.

Die Brüder Cattaneo sind trotz allem optimistisch. «Wir haben Platz für 90 Gäste, 800 Quadratmeter Privatstrand am See, 4500 Quadratmeter Liegewiese», sagt Valerio Cattaneo. Abstand halten sei kein Problem. Und, so betont der Italiener, mehr als jeder dritte Gast sei Stammkunde. «Zum Teil besuchen uns Gäste bereits in der dritten Generation. Sie werden uns hoffentlich nicht im Stich lassen.»

Hoffnung auch auf heimische Touristen

Auch Patrick Kuhn (47) läuft in diesen Tagen mit dem Zollstock übers Gelände. Sechs Meter Abstand zwischen den Sonnenschirmen am Schwimmbad will der Schweizer einhalten. Kuhn führt mit Ehefrau Maria (47) seit zweieinhalb Jahren den Agriturismo «Rosa Antica» in der Provinz Ancona.

Grosse Anlage, neun Appartements, jedes mit eigenem Grillplatz. Das Ferienparadies in der Region Marken ist coronatauglich. Ein Drittel der Gäste kommt aus Kuhns Heimat. «Keiner von ihnen hat bislang seine Buchung für den Sommer storniert», sagt der Schweizer. «Die Solidarität ist sehr gross.» Doch Patrick Kuhn hofft auch auf heimische Touristen: «Die Italiener hungert es nach Natur und Entspannung. Vor allem die Familien wollen den Städten entfliehen.»

Keine klaren Anweisungen vom Staat

Verwirrung, Ratlosigkeit, Enttäuschung – so beschreibt Antonio Vigolo (66), was ihm durch den Kopf geht. «Es gibt keine Anweisungen vom Staat», sagt der Hotelier aus Jesolo, «weder für den Strand, noch für den Pool, noch für das Restaurant.» Man könne doch nicht ernsthaft erwarten, Plexiglas-Schutzwände zwischen die Strandliegen zu stellen. Und wer trage juristisch die Verantwortung, wenn sich ein Gast infiziert?

Dem Italiener gehören das Hotel Cavalieri Palace am Lido von Jesolo und das Park Hotel Ermitage. «Wir hatten noch zu Jahresbeginn 24 Prozent mehr Buchungen als 2019. Und das Vorjahr lief auch schon gut. Wir hoffen nun, dass uns keine Storno-Welle überrollt.» Dass Motto auch an der Adria: durchhalten und auf die Treue der Gäste hoffen, auch die der Schweizer. Denn, so ist Vigolo überzeugt, «sie alle lieben Bella Italia.»

Schweizer sollen Ferien in der Schweiz machen

Ernüchternd derweilen ist die Einschätzung von Wolfgang Töchterle. In einem Interview mit Additive sagt Südtirols Marketing-Leiter: «Tritt das Best-Case Szenario ein und starten die touristischen Flüsse wieder ab Juni/Juli, verlieren wir immer noch mehr als eine Milliarde Euro an Umsätzen mit allen negativen Folgen für die Betriebe, die Zulieferer, die Mitarbeiter, etc.». Stand heute könne man leider nicht bestätigen, dass Italien sich in Richtung dieses Best-Case Szenarios bewege, so Wolfgang Töchterle, «möglich, dass wir erst im Spätsommer wieder richtig starten können. Konkrete Aussagen hierzu wären aber unseriös. Wir fahren, wie auch der Rest Europas, auf Sicht.»

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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