Amanda Knox ist im Juni erstmals nach einem jahrelangen Justizdrama für den Mord-Prozess nach Italien zurückgekehrt (BLICK berichtete). Dort sass sie fast vier Jahre im Gefängnis. 2009 war sie wegen des Mordes an Meredith Kercher zu einer langen Haftstrafe verurteilt, 2015 aber endgültig vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden.
Nun hat das Europäische Gericht für Menschenrechte den Antrag aus Rom auf ein neues Urteil abgelehnt – und das nachdem Italien im selben Fall bereits im Januar verurteilt worden war. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Italien die Verteidigungsrechte von Knox verletzt hat. Italien muss der ehemaligen Austauschstudentin umgerechnet 11'500 Franken Entschädigung bezahlen; Knox hatte ursprünglich über eine halbe Million Franken verlangt.
Einvernahme ohne Anwalt
Knox führte in ihrer Klage an, dass sie bei ihrer Festnahme in der Nacht auf den 6. November 2007 15 Stunden lang von der Polizei ohne Anwalt vernommen worden sei. Obwohl ihre Aussagen wegen der Abwesenheit eines Verteidigers nicht rechtskonform waren, seien diese gegen sie vor Gericht verwendet worden.
Die 31-jährige Knox führte in ihrer Klage darüber hinaus an, dass sie von der Polizei nicht über ihre Rechte informiert worden sei. Die Beamten hätten mit ihr Italienisch gesprochen, eine Sprache, die sie damals kaum beherrschte. Ein Dolmetscher sei bei der Befragung nicht anwesend gewesen.
Leiche halbnackt im Schlafzimmer
Knox und ihrem Ex-Freund Raffaele Sollecito war vorgeworfen worden, Ende 2007 die britische Studentin Meredith Kercher getötet zu haben. Deren Leiche war halb nackt in ihrem Schlafzimmer in der mittelitalienischen Stadt Perugia gefunden worden.
Der Fall hatte weltweit Aufsehen erregt. Sollecito und Knox wurden 2009 zu langen Haftstrafen verurteilt, 2011 aber freigesprochen. Knox kehrte in die USA zurück. Der Fall ging durch mehrere Instanzen, beide wurden erneut verurteilt, das oberste Gericht Italiens sprach sie aber im März 2015 endgültig frei.
Verurteil wegen Verleumdung
Bei der Einvernahme hatte Knox den kongolesischen Barmann Patrick Lumumba des Mordes beschuldigt und war deswegen wegen Verleumdung verurteilt worden. Verurteilt wurde Knox wegen der Verleumdung Lumumbas.
Die Haftstrafe von drei Jahren hat die Amerikanerin aber bereits abgesessen. Sie war 2011 nach vierjähriger Haft in die USA zurückgekehrt. Am 15. Juni war Knox bei einem Kongress zu Justizirrtümern in der norditalienischen Stadt Modena aufgetreten. Es war ihre erste Reise nach Italien, nachdem sie dort 2009 wegen des Mordes an Kercher verurteilt worden war. (SDA)