Israel stinksauer
Ben & Jerry's stoppt Glace-Verkauf im Westjordanland

Nach der Boykott-Ankündigung des amerikanischen Eisherstellers Ben & Jerry's fährt die israelische Regierung die Krallen aus. In einem anderen Fall war sie damit bereits erfolgreich.
Publiziert: 21.07.2021 um 13:03 Uhr
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Aktualisiert: 21.07.2021 um 14:32 Uhr
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In Israel will Ben & Jerry's weiter Geschäfte machen – aber nicht mehr in den Siedlungsgebieten.
Foto: AFP

«Eklatante anti-israelische Massnahme», «schandvolle Kapitulation vor dem Antisemitismus» – so deutlich verurteilt die israelische Regierung eine Entscheidung des amerikanischen Glace-Herstellers Ben & Jerry's. Der hatte angekündigt, künftig kein Glace mehr in den israelischen Siedlungsgebieten im Westjordanland und Ostjerusalem zu verkaufen.

«Wir glauben, dass es nicht mit unseren Werten vereinbar ist, dass Ben & Jerry’s-Eiscreme in den besetzten palästinensischen Gebieten (Occupied Palestinian Territory) verkauft wird», teilte das Unternehmen, das seit 2000 zum britischen Grosskonzern Unilever gehört, am Montag mit.

In Kraft tritt der Boykott Ende 2022 – dann laufen nach Angaben des Unternehmens Verträge mit den «entsprechenden Lizenznehmern für den Verkauf in der Region» aus. In Israel selbst will Ben & Jerry's weiter Geschäfte machen. Gut möglich aber, dass die Regierung zum Gegen-Boykott bläst.

Ministerpräsident Bennett kündigt hartes Vorgehen an

«Vom Standpunkt Israels aus hat diese Aktion schwerwiegende Konsequenzen, rechtlich und anderweitig», sagte Ministerpräsident Naftali Bennett (49) seinem Büro zufolge am Dienstag in einem Telefongespräch mit dem Chef des britischen Unilever-Konzerns Alan Jope (58).

Bennett sprach den Angaben zufolge von einer «eklatanten anti-israelischen Massnahme». Israel werde «gegen jeden Boykott, der sich gegen seine Bürger richtet, hart vorgehen», hiess es in der Mitteilung. Israels Aussenminister Yair Lapid (57) nannte die Entscheidung eine «schandvolle Kapitulation vor dem Antisemitismus». Und Wirtschaftsministerin Orna Barbivai (58) postete gar ein Video von sich, in dem sie einen Becher Ben & Jerry’s in den Müll wirft.

Auch der frühere Premierminister Benjamin Netanjahu (71) reagierte. Auf Twitter schrieb er: «Nun wissen wir Israelis, welche Eiscreme wir NICHT kaufen.»

Die israelische Botschaft in Bern wirft dem amerikanischen Unternehmen Kooperation «mit dem wirtschaftlichen Terrorismus, angeführt von der BDS-Bewegung; einer anti-israelischen Bewegung mit antisemitischen Untertönen» vor. «Die Entscheidung ist unmoralisch und diskriminierend, da sie Israel ausgrenzt, sowohl Israelis als auch Palästinensern schadet und extremistische Gruppen ermutigt, die Mobbing-Taktiken anwenden», teilt eine Sprecherin auf Blick-Anfrage mit.

Jubel löste der geplante Verkaufsstopp dafür an anderer Stelle aus: Die Palästinenser begrüssten die Ankündigung des Glace-Herstellers.

Airbnb musste Boykott-Versuch zurücknehmen

Die israelische Siedlungspolitik wird international kritisiert: Rund 650'000 jüdische Siedler leben im Westjordanland und im annektierten Ostteil Jerusalems. Die meisten Staaten halten die Siedlungen für illegal – Israel hingegen beruft sich auf historische und sicherheitspolitische Verbindungen und straft Massnahmen gegen die Siedlungen ab.

Der israelische Botschafter in Washington, Gilad Erdan (50), hat sich laut einem Bericht der «FAZ» bereits in einem Schreiben an 35 US-Gouverneure gewandt, deren Staaten Gesetze gegen den Boykott Israels erlassen haben. «Es muss schnell und entschlossen gehandelt werden, um solchen diskriminierenden und antisemitischen Handlungen entgegenzuwirken», heisst es in dem Brief, der vom Botschafter getwittert wurde.

Erdan vergleicht den Fall mit der Ankündigung von Airbnb im Jahr 2018, Mietobjekte in Siedlungen von der Liste zu nehmen. Airbnb machte diese Entscheidung 2019 nach rechtlichen Anfechtungen in den Vereinigten Staaten rückgängig und kündigte zugleich an, die Gewinne aus Buchungen in den Siedlungen für humanitäre Zwecke spenden zu wollen.

Allerdings hatten die USA damals unter Donald Trump (75) die Siedlungspolitik als legal anerkannt. Im April dieses Jahres hingegen bestätigte das US-Aussenministerium, die Biden-Regierung betrachte die Gebiete als «besetzt». (kin)

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