Israel
Palästinensische Sträflinge treten aus Protest in den Hungerstreik

Israel - Aus Protest gegen die unzumutbaren Zustände israelischen Gefängnissen treten mehr als 1000 palästinensische Häftlinge in den Hungerstreik.
Publiziert: 18.04.2017 um 09:46 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:19 Uhr

Mehr als tausend in Israel inhaftierte Palästinenser sind am Montag in einen Hungerstreik getreten. Sie folgten damit einem Aufruf des prominenten palästinensischen Gefangenen Marwan Barghuti. Die Teilnehmer des Hungerstreiks fordern bessere Haftbedingungen.

Israelische Beobachter vermuten hinter Barghutis Aufruf indes innerpalästinensische politische Motive.

Seit Jahren erster Hungerstreik

Wie der Beauftragte der palästinensischen Autonomiebehörde für Gefangene, Issa Karake, der Nachrichtenagentur AFP sagte, verweigern rund 1300 Häftlinge die Nahrungsaufnahme, die Israelische Gefängnisbehörde dagegen von rund 1100. Nach Angaben der Organisation Palestinian Prisoners Club schlossen sich sogar 1500 Häftlinge dem Hungerstreik an.

Der Leiter der Nichtregierungsorganisation (NGO), Kaddura Fares, sagte AFP am Abend, Barghuti sei zur Strafe in Isolationshaft genommen worden, desgleichen mehrere andere Streikaktivisten. Einige Häftlinge seien in andere Gefängnisabteilungen verlegt worden. Der Sprecher der israelischen Strafvollzugsbehörde, Assaf Librati, sagte, die Gefängnisaufsicht verhandle nicht mit Gefangenen.

Eine derartige Aktion von Häftlingen hat es seit Jahren nicht mehr gegeben. Der Hungerstreik erfolgte in Zusammenhang mit dem palästinensischen Gefangenentag, der jedes Jahr begangen wird, sowie vor dem 50. Jahrestag des Sechs-Tage-Kriegs von 1967 und dem Beginn der israelischen Besatzung.

Marwan Barghuti gilt als Held

Barghuti sitzt eine lebenslange Haftstrafe ab. Er war einer der Anführer der zweiten Intifada, des palästinensischen Aufstands in den von Israel besetzten Palästinensergebieten von 2000 bis 2005.

Er gilt als einer der populärsten Politiker der Fatah-Partei und könnte Umfragen zufolge die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Er gilt vielen Palästinensern als Held, die Israelis hingegen verweisen auf die blutigen Selbstmordattentate der zweiten Intifada und Barghutis Rolle bei dem Aufstand.

«Jahrzehntelange Erfahrungen haben gezeigt, dass Israels unmenschliches System der kolonialen und militärischen Besatzung darauf abzielt, die Seele der Gefangenen und des Volkes, dem sie angehören, zu brechen», schrieb Barghuti in einem Leitartikel in der «New York Times«. Israel tue dies unter anderem durch «erniedrigende Massnahmen», um eine «Unterwerfung» zu erreichen. Die Häftlinge würden sich aber «nicht ergeben«.

Das Büro von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas appellierte an Israel, auf die Forderungen der Häftlinge nach «Freiheit und Würde» zu reagieren. Barghutis Ehefrau Fadwa sagte AFP bei einer Demonstration in Ramallah, die Forderungen entsprächen «internationalem Recht» und «Menschenrechten». Zu den Forderungen zählen etwa der Zugang zu Telefonen, erweiterte Besuchsrechte und bessere medizinische Versorgung.

6500 Palästinenser in Verwaltungshaft

Derzeit sitzen rund 6500 Palästinensern in israelischen Gefängnissen, darunter 62 Frauen und 300 Minderjährige. Rund 500 sind in sogenannter Verwaltungshaft, die eine Inhaftierung ohne Anklage und Gerichtsverfahren erlaubt. Auch 13 palästinensische Abgeordnete zählen zu den Häftlingen.

Zuletzt hatte es 2013 einen Hungerstreik grösseren Ausmasses gegeben. Damals beteiligten sich 3000 palästinensische Häftlinge an einer derartigen eintägigen Aktion. Sollte der Hungerstreik vom Montag aufrecht erhalten werden, könnte dieser eine ernsthafte Herausforderung für die israelischen Behörden darstellen.

Der israelische Rundfunk berichtete, Israels Minister für öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan, habe Interventionseinheiten beordert, abrufbereit zu sein.

Einige israelische Beobachter vermuten hinter dem Hungerstreik die politische Rivalität zwischen Barghuti und Abbas. Zuletzt hatte es Diskussionen um die Nachfolge von Abbas gegeben. Der 82-Jährige Palästinenserpräsident zeigt bislang aber keine Absicht, abzutreten.
(SDA)

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