Mitte Februar hat die Polizei im nordrhein-westfälischen Lippstadt einen Mann beobachtet, der mit einem länglichen Karton ein Waffengeschäft verliess. Weil sie den Deutschrussen Iwan K.* (21) als Islamisten kannten, schrillten bei den Fahndern die Alarmglocken. Und als sie den Waffenhändler fragten, was der Kunde eben gekauft habe, staunten sie: Es war eine Hochleistungs-Armbrust für umgerechnet rund 270 Franken.
Dieses Gerät ist absolut tödlich. Der Bolzen einer modernen Armbrust fliegt mit über 400 km/h. Das Geschoss ist fast so schnell wie jenes eines Luftgewehrs – nur ist es um einiges schwerer und besitzt eine viel grössere Durchschlagskraft!
Armbrust nicht verboten
Schon der Schweizer Nationalheld Wilhelm Tell benützte die Armbrust, um in der Hohlen Gasse bei Küssnacht SZ den tyrannischen Landvogt Gessler zu erschiessen. Heute steht die Armbrust als Zeichen für Schweizer Qualität.
Trotz ihrer tödlichen Wirkung ist die Armbrust weder in Deutschland noch in der Schweiz verboten. Sie gilt als Sportgerät.
Ein Ermittler sagt in der deutschen Zeitung «Bild»: «Genau das musste der Gefährder wissen. Er fühlte sich deshalb auch sicher, als wir ihn am nächsten Tag festnahmen.»
Auch Bombenpläne gefunden
Da der Islamist laut «Bild» aus dem Umfeld des Hildesheimer Hasspredigers Abu Walaa kommt, aus dem schon der Berliner Attentäter Anis Amri stammte, konnten die Fahnder nicht ausschliessen, dass er gerade eine Amoktat plante.
Doch den Justizbehörden waren die Hände gebunden. Die zuständige Staatsanwältin: «Da wir zuerst nur die Armbrust hatten, die nicht verboten ist, konnten wir keinen Haftbefehl beantragen.»
Dennoch sitzt Iwan K. inzwischen in Untersuchungshaft. Denn in seinem Hotelzimmer und auf Datenträgern fand die Polizei ein IS-Glaubensbekenntnis, Anleitungen zum Bombenbau sowie Terror-Bekennervideos. Ausserdem hatte der Islamist bereits Vorbereitungen getroffen, um den hochexplosiven Sprengstoff TATP herzustellen.
Ein Ermittler: «Wir sind uns sicher, dass wir einen baldigen Anschlag verhindert haben. Vermutlich wollte der Verdächtige Sprengmittel sowie die Armbrust einsetzen, um möglichst viele Menschen zu töten.»
Inzwischen hat es der Armbrust-Fall bis auf den Schreibtisch von Bundeskanzlerin Angela Merkel geschafft. Denn den Behörden in Deutschland ist klar: Eine Armbrust ist tödlich und muss daher auch als Waffe gelten.
Auch in der Schweiz legal
Auch in der Schweiz fällt die Armbrust nicht unters Waffengesetz. «Jeder kann eine Armbrust kaufen», erklärt Raphael Städler, Chef von Softgun.ch in St. Gallen. Doch er bestätigt: «Schon eine kleine Armbrust hat eine gute Leistung und kann tödlich sein. In anderen Ländern geht man damit sogar auf die Jagd.»
* Name der Redaktion bekannt