US-Generalleutnant James Terry spricht von «bedeutenden Fortschritten». Nach 53 Luftschlägen der Anti-IS-Allianz gelang es den Peschmerga vergangene Woche, bei der irakischen Stadt Sindschar rund 100 Quadratkilometer zurückzuerobern. Das teilte das US-Verteidigungsministerium mit.
Und auch in Kobane im Norden Syrien kommen die Kämpfer der sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nicht weiter. Seit fast 100 Tagen tobt die Schlacht, mittlerweile sind grosse Teile der Stadt zerstört. Doch die kurdischen Kämpfer geben nicht auf – im Gegenteil: Sie konnten in den vergangenen Wochen offenbar wieder Boden gutmachen.
Nachrichten, die hoffen lassen. Doch Walter Posch von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin dämpft die Erwartungen. «Das sind höchstens Achtungserfolge», sagt er. Entscheidend seien die Städte Rakka und Mossul, die Hochburgen des IS. «So lange diese sowie der Korridor dazwischen unter IS-Kontrolle sind, ändert sich strategisch nichts. Da können noch so viele Städte zurückerobert werden.»
Rückhalt schwindet – aber nur langsam
Dass Mossul eingenommen werden kann, glaubt Posch nicht. Dies sei nicht primär auf die Stärke oder Schwäche der gegnerischen Parteien zurückzuführen. «Vielmehr liegt dies am Support der dort ansässigen sunnitischen Stämme», sagt Posch. «Der Rückhalt für die Terrormiliz ist gross, sie sehen den IS als Befreiung vom Joch Bagdads.»
Allerdings habe die «Entzauberungsphase» des IS nun begonnen. «Es ist erst der Anfang», sagt Posch. Doch würde der Support selbst in der sunnitischen Bevölkerung allmählich bröckeln.
Deserteure «gefährlicher als der Feind»
Auch innerhalb des IS rumort es. Angeblich befindet sich die Kampfmoral innerhalb der Truppe an einem Tiefpunkt. Viele ausländische Kämpfer wollen heim, haben genug vom Niedermetzeln und Koranrezitieren. Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Miliz 100 Deserteure hingerichtet haben soll.
Das Ziel der Exekutionen in der Logik des IS: die Stärkung des Kampfgeistes der Verbleibenden. Ein Mittel, das Wirkung zeigen wird, meint Posch. «Wer übrig bleibt, kämpft doppelt so gut», sagt er pointiert. «Ausserdem sind Deserteure für den IS schlicht ein viel zu grosses Risiko.» Sie könnten ihr wertvolles Wissen über das System des IS der gegnerischen Seite weitergeben. «Damit werden sie gefährlicher als der Feind.»
Noch schrecke das rücksichtslose Durchgreifen der IS-Kommandeure ausserdem kaum einen Kämpfer davon ab, sich der Terrormiliz anzuschliessen. «Der Zustrom ist nach wie vor ungebrochen», sagt Posch, «denn noch steckt sehr viel Ideologie und Begeisterung hinter dem Entscheid, in den Dschihad zu ziehen». Eine radikalisierte Weltanschauung, die selbst die grausamste Realität zu verdrängen vermag. (lha)