Am 16. September 2022 starb Jina Mahsa Amini 22-jährig in Teheran, nachdem sie verhaftet worden war, weil ein paar Haarsträhnen unter ihrem Kopftuch hervorblitzten. Ihr Tod löste feministische Proteste aus, die bis heute andauern. Blick schaut mit der in der Schweiz wohnhaften iranischen Aktivistin Shahrzad Antenna (42) von der Organisation Free Iran Switzerland auf ein Jahr «Frau Leben Freiheit» zurück.
Frau Antenna, Sie haben ein grosses Festival dieses Wochenende organisiert zum Gedenken an Aminis Todestag und an die Anfänge der feministischen Proteste. Was erhoffen Sie sich davon?
Shahrzad Antenna: Mit der Demonstration am Todestag von Jina Mahsa Amini möchten wir Druck auf die Schweizer Regierung ausüben, damit sie sich klar positioniert. Ausserdem möchten wir das Bewusstsein bei der Schweizer Bevölkerung für die Situation im Iran wieder wecken.
Dokumentarfilm
«‹Woman, Life, Freedom!› – Ein Jahr Proteste im Iran», von Majed Neisi
In drei Kapiteln erzählt dieser Dokumentarfilm die Geschichte junger Menschen, die im Iran nach dem Tod von Jina Mahsa Amini auf die Strasse gingen. Aus über 100 Stunden verifiziertem Filmmaterial rekonstruiert Regisseur Majed Neisi ihre Geschichten – und auch, wie das Regime einige von ihnen folterte und ermordete. Zu Wort kommen Angehörige und Aktivistinnen, die teils im Exil leben. Der Originaltitel des Films lautet «Inside the Iranian Uprising» – er geht auch unter die Haut und ist ein eindrückliches Zeitzeugnis vom Mut der iranischen Frauen und ihren Verbündeten. Zu sehen bei SRF.
Podcast
«Das Iran Update»
Erst haben sich die Iran-Expertinnen Gilda Sahebi und Sahar Eslah vor allem über Social Media zu den Protesten nach Jina Mahsa Aminis Tod geäussert. Bald aber entstand ein wöchentlicher Podcast, in dem sie besprechen, was rund um die Proteste im Iran passiert, ordnen die Geschehnisse ein, diskutieren Stimmen von anderen Expertinnen und Journalisten. Alle Folgen gibt es hier oder in den gängigen Podcast-Apps.
Sachbücher
Gilda Sahebi, «Unser Schwert ist Liebe», S. Fischer, 2023
Der Buchtitel stammt aus einem iranischen Raplied. Gilda Sahebi schreibt, dass das der Kern der Proteste sei – dass die Menschen wüssten, wofür sie kämpfen. Die Autorin und Journalistin analysiert die aktuellen Proteste und wie das Regime seit Jahren die iranische Bevölkerung unterdrückt. Sie lässt auch eigene Kindheitserinnerungen einfliessen und interviewt Aktivistinnen und Expertinnen. Sie beleuchtet unter anderem den kurdischen Widerstand, sexualisierte Gewalt und das Leben im Exil. Mehr dazu hier.
Düzen Tekkal und Natalie Amiri, «Die mutigen Frauen Irans», Elisabeth Sandmann Verlag, 2023
Die beiden Journalistinnen lassen 15 Frauen im Iran und im Exil aus ihrem Leben erzählen. Unter ihnen sind Künstlerinnen, Anwältinnen, Richterinnen, Autorinnen, Schachmeisterinnen. Eine der Frauen schmuggelte Texte aus dem berüchtigten Ewin-Gefängnis, andere wissen, dass sie auch im Ausland nicht sicher sind vor dem Regime, wenn sie ihre Stimme erheben. Sie erzählen von Begegnungen mit der Sittenpolizei, Gewalterfahrungen, die schwierigen wirtschaftlichen Umstände. Aber sie sprechen auch über Hoffnung und den Willen, für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Mehr dazu hier. (hie)
Dokumentarfilm
«‹Woman, Life, Freedom!› – Ein Jahr Proteste im Iran», von Majed Neisi
In drei Kapiteln erzählt dieser Dokumentarfilm die Geschichte junger Menschen, die im Iran nach dem Tod von Jina Mahsa Amini auf die Strasse gingen. Aus über 100 Stunden verifiziertem Filmmaterial rekonstruiert Regisseur Majed Neisi ihre Geschichten – und auch, wie das Regime einige von ihnen folterte und ermordete. Zu Wort kommen Angehörige und Aktivistinnen, die teils im Exil leben. Der Originaltitel des Films lautet «Inside the Iranian Uprising» – er geht auch unter die Haut und ist ein eindrückliches Zeitzeugnis vom Mut der iranischen Frauen und ihren Verbündeten. Zu sehen bei SRF.
Podcast
«Das Iran Update»
Erst haben sich die Iran-Expertinnen Gilda Sahebi und Sahar Eslah vor allem über Social Media zu den Protesten nach Jina Mahsa Aminis Tod geäussert. Bald aber entstand ein wöchentlicher Podcast, in dem sie besprechen, was rund um die Proteste im Iran passiert, ordnen die Geschehnisse ein, diskutieren Stimmen von anderen Expertinnen und Journalisten. Alle Folgen gibt es hier oder in den gängigen Podcast-Apps.
Sachbücher
Gilda Sahebi, «Unser Schwert ist Liebe», S. Fischer, 2023
Der Buchtitel stammt aus einem iranischen Raplied. Gilda Sahebi schreibt, dass das der Kern der Proteste sei – dass die Menschen wüssten, wofür sie kämpfen. Die Autorin und Journalistin analysiert die aktuellen Proteste und wie das Regime seit Jahren die iranische Bevölkerung unterdrückt. Sie lässt auch eigene Kindheitserinnerungen einfliessen und interviewt Aktivistinnen und Expertinnen. Sie beleuchtet unter anderem den kurdischen Widerstand, sexualisierte Gewalt und das Leben im Exil. Mehr dazu hier.
Düzen Tekkal und Natalie Amiri, «Die mutigen Frauen Irans», Elisabeth Sandmann Verlag, 2023
Die beiden Journalistinnen lassen 15 Frauen im Iran und im Exil aus ihrem Leben erzählen. Unter ihnen sind Künstlerinnen, Anwältinnen, Richterinnen, Autorinnen, Schachmeisterinnen. Eine der Frauen schmuggelte Texte aus dem berüchtigten Ewin-Gefängnis, andere wissen, dass sie auch im Ausland nicht sicher sind vor dem Regime, wenn sie ihre Stimme erheben. Sie erzählen von Begegnungen mit der Sittenpolizei, Gewalterfahrungen, die schwierigen wirtschaftlichen Umstände. Aber sie sprechen auch über Hoffnung und den Willen, für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Mehr dazu hier. (hie)
Ist es für Sie gefährlich, in der Schweiz Kundgebungen gegen das iranische Regime zu organisieren?
Anfänglich versteckten die Menschen an den Kundgebungen ihre Gesichter hinter einem Mundschutz. Doch seither wurden die Menschen furchtloser. Wir in der Schweiz sind ziemlich sicher, auch wenn die islamische Regierung damit droht, die Verwandten im Iran ausfindig zu machen und diese dann stellvertretend bedroht. Deshalb habe ich mit meinen nächsten Angehörigen im Iran gesprochen. Sie ermutigten mich, ihre Stimme in der Schweiz zu sein.
Wie geht es der iranischen Bevölkerung in der Schweiz?
Durch die Proteste vernetzten sich die Menschen der iranischen Diaspora in der Schweiz. Es entstand eine Community, die es zuvor in dieser Form nicht gab.
Was wünschen Sie sich von der Schweizer Bevölkerung?
Dass sie sich über den Iran informiert, um zu verstehen, wieso diese Freiheitsbewegung im Gang ist und wieso ihr Erfolg so wichtig ist. Ausserdem wünschen wir uns, dass möglichst viele auch Nicht-Iranerinnen und -Iraner an den Kundgebungen teilnehmen, denn nur so zeigen wir der Schweizer Regierung, dass ein Interesse vonseiten der Schweizer Bevölkerung besteht, die iranische Bevölkerung zu unterstützen.
Was macht Ihnen Sorgen?
Mir macht die Gewalt Sorgen, die das Regime gegenüber seiner eigenen Bevölkerung ausübt. Und dass die westliche Politik lediglich Lippenbekenntnisse macht und nicht aktiv gegen das Regime vorgeht.
Was stimmt Sie hoffnungsvoll?
Obwohl die Hürden, dieses Regime zu stürzen, unüberbrückbar scheinen, dauert die Freiheitsbewegung auch nach einem Jahr noch an. Das zeigt, dass die Revolution in den Köpfen der Menschen bereits stattgefunden hat. Es gibt kein Zurück mehr.