Iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi gewinnt
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Friedensnobelpreis 2023:Iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi gewinnt

Iranische Aktivistin
Das ist die Frau, die den Nobelpreis erhält

Narges Mohammadi aus dem Iran kämpft gegen die Unterdrückung der Frauen und für Freiheit für alle. Nun wurde sie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet – und äussert sich.
Publiziert: 06.10.2023 um 14:36 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2023 um 20:42 Uhr
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Narges Mohammadi erhält den Friedensnobelpreis 2023.
Foto: DUKAS

Die inhaftierte Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi (51) aus dem Iran wird in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Sie bekommt den prestigeträchtigen Preis «für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und der Freiheit für alle», wie die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Bekanntgabe am Freitag in Oslo sagte. Mohammadi möchte sich auch weiterhin für Menschenrechte einsetzen.

«Ich werde nie aufhören, für die Verwirklichung von Demokratie, Freiheit und Gleichheit zu kämpfen», zitierte die «New York Times» am Freitag aus einem Statement der Iranerin. Es war unklar, ob die Mitteilung von der 51-Jährigen selbst stammt oder von ihrer Familie veröffentlicht wurde. Zuvor hatte das norwegische Nobelkomitee die Aktivistin für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen in ihrem Land mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

«Sicherlich wird mich der Friedensnobelpreis auf diesem Weg noch belastbarer, entschlossener, hoffnungsvoller und enthusiastischer machen und mein Tempo beschleunigen», hiess es in der Erklärung weiter. Mohammadi verbüsst derzeit eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran.

Sie werde weiterhin «gegen die unerbittliche Diskriminierung, Tyrannei und geschlechtsspezifische Unterdrückung durch die repressive religiöse Regierung kämpfen, bis die Frauen befreit sind», fügte Mohammadi hinzu. Ende 2022, während der landesweiten Aufstände gegen Irans Machtapparat, brachte Mohammadi einen Bericht ans Licht, der mutmassliche Folter an Dutzenden Frauen im Hochsicherheitsgefängnis aufdeckte.

In Teheran inhaftiert

Inwiefern sie bereits von der Auszeichnung weiss, blieb zunächst unklar. Auf ihrem Instagram-Account, der von ihrer Familie geführt wird, hiess es, es sei im Ewin-Gefängnis freitags und donnerstags «unmöglich», telefonischen Kontakt zu Gefangenen aufzunehmen. Man müsse daher bis morgen warten, «um von Narges zu hören und ihr die guten Nachrichten zu überbringen». Der norwegische Rundfunk, der mit Mohammadis Ehemann gesprochen hat, berichtete, die 51-Jährige habe noch nicht ausser Landes telefonieren dürfen. Sie habe die Nachricht von dem Preis aber «auf eine Weise» im Gefängnis überbracht bekommen.

Mohammadis Familie, von der sie durch ihre Haft seit langer Zeit getrennt ist, betonte: «Obwohl die Jahre ihrer Abwesenheit für uns nie wieder gutgemacht werden können, ist die Anerkennung von Narges' Bemühungen um den Frieden eine Quelle des Trostes für unser unbeschreibliches Leid.» Mohammadis Ehemann lebt mit den beiden gemeinsamen Kindern in Frankreich.

Narges Mohammadi ist eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Iran und wurde mehrfach inhaftiert. Aktuell verbüsst sie eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran. Ende 2022, während der landesweiten Aufstände gegen Irans Machtapparat, publizierte Mohammadi einen Bericht, der mutmassliche Folter an Dutzenden Frauen im Hochsicherheitsgefängnis aufdeckte.

Schon in ihrer Zeit als Studentin vor rund drei Jahrzehnten sei Mohammadi bewusst Risiken eingegangen, sagte Reiss-Andersen bei der Bekanntgabe. «Ihr mutiger Kampf ist mit enormen persönlichen Opfern verbunden.» Insgesamt 13 Mal sei sie festgenommen und 5 Mal verurteilt worden. Die Strafen beliefen sich auf zusammengenommen 31 Jahre Gefängnis und 154 Peitschenhiebe.

Breite Zustimmung

Die Norwegerin machte deutlich, dass der Nobelpreis auch die gesamte Bewegung würdige, die unter dem Slogan «Frau, Leben, Freiheit» auf die iranischen Strassen gegangen war. «Dieser Preis ist in erster Linie eine Anerkennung der sehr wichtigen Arbeit einer ganzen Bewegung im Iran mit ihrer unangefochtenen Anführerin Narges Mohammadi», sagte Reiss-Andersen.

Beim Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri stiess die Auswahl von Mohammadi auf Zustimmung. «Narges Mohammadi ist eine herausragende Person, mutig bis hin zum Heldentum und seit mehr als 25 Jahren eine führende Persönlichkeit in der iranischen Bewegung für Menschenrechte und Geschlechtergleichstellung», sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur. Es stehe ausser Zweifel, dass Mohammadi eine aussergewöhnliche Persönlichkeit sei.

US-Präsident Joe Biden (80) gratulierte und würdigte Mohammadis «unerschütterlichen Mut». Ihr Engagement sei eine Inspiration für «Menschen überall», teilte Biden am Freitag mit. Trotz wiederholter Inhaftierungen, Verfolgung und Folter sei Mohammadis Engagement nur noch stärker geworden. Biden forderte die Regierung in Teheran auf, Mohammadi und andere, die sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzten, aus dem Gefängnis zu entlassen. «Die Menschen im Iran weigern sich, zum Schweigen gebracht oder eingeschüchtert zu werden», so Biden.

Iranische Regierung reagiert

Die Vereinten Nationen forderten nach der Bekanntgabe die Freilassung von Mohammadi und aller inhaftierten Menschenrechtsverteidiger im Iran. «Frauen im Iran sind eine Inspiration für die Welt», sagte Liz Throssell, Sprecherin des UN-Büros für Menschenrechte, in Genf.

UN-Generalsekretär António Guterres (74) begrüsste die Auszeichnung der iranischen Frauenrechtlerin mit dem Friedensnobelpreis. Dies sei ein «Tribut an alle Frauen, die sich unter Einsatz ihrer Freiheit, ihrer Gesundheit und sogar ihres Lebens» für ihre Rechte einsetzen, erklärte Guterres am Freitag in einer Mitteilung. Die Auszeichnung der inhaftierten Mohammadi sei eine «wichtige Erinnerung daran, dass die Rechte von Frauen und Mädchen stark zurückgedrängt werden». Dies geschehe durch die «Verfolgung von Menschenrechtsaktivistinnen, im Iran und andernorts», erklärte Guterres.

Die iranische Regierung verurteilte unterdessen die Vergabe des Friedensnobelpreises an die inhaftierte Frauenrechtsaktivistin. «Wir betrachten und verurteilen dieses Vorgehen als ein parteiisches und politisch motiviertes Vorgehen», sagte Aussenamtssprecher Nasser Kanaani (53) laut einer Mitteilung am Freitagabend. Die Vergabe sei im Einklang mit «anti-iranischer» Politik einiger europäischer Länder, einschliesslich Norwegens, fügte er hinzu.

Wichtigster politischer Preis der Erde

Angesichts einer angespannten Weltlage mit Ukraine-Krieg, Klimakrise sowie weiteren Krisen und Konflikten in verschiedenen Erdteilen waren in diesem Jahr 259 Persönlichkeiten und 92 Organisationen für den Friedensnobelpreis im Rennen. Die Gesamtzahl von 351 Kandidatinnen und Kandidaten war damit die zweithöchste jemals. Wer unter den Nominierten ist, wird von den Nobel-Institutionen traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten.

Der Friedensnobelpreis gilt als wichtigster politischer Preis der Welt. Im vergangenen Jahr waren der inhaftierte belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki sowie die Menschenrechtsorganisationen Memorial aus Russland und Center for Civil Liberties aus der Ukraine ausgezeichnet worden. Sie wurden damit unter anderem für ihren Einsatz für die Zivilgesellschaften in ihren Heimatländern, das Recht auf Machtkritik und den Schutz der Grundrechte der Bürger geehrt.

Die Nobelpreise gehen auf das Testament des schwedischen Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Der Friedensnobelpreis ist dabei der einzige Nobelpreis, der nicht in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, sondern in der norwegischen Hauptstadt Oslo vergeben wird. In Stockholm waren von Montag bis Donnerstag bereits die Preisträgerinnen und Preisträger in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie und Literatur verkündet worden. Zum Abschluss der diesjährigen Preisbekanntgaben folgt am Montag noch der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.

Alle Auszeichnungen sind in diesem Jahr mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund 950'000 Euro) pro Kategorie und damit mit einer Million Kronen mehr als in den Vorjahren dotiert. Feierlich überreicht werden sie dann traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Nobel. Ob die iranische Führung Mohammadi dafür die Reise nach Norwegen erlaubt, ist noch unklar.

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