Der Präsident reiste mit mehreren Ministern und einer Wirtschaftsdelegation. Höhepunkt der viertägigen Reise, die den Staatschef auch nach Paris führt, ist am Dienstag eine Privataudienz mit Papst Franziskus im Vatikan. Das Kirchenoberhaupt hatte das Atomabkommen zuvor als «bedeutende internationale Vereinbarung» gelobt.
Ruhani will seine Europareise auch nutzen, um lukrative Verträge mit in die Heimat zu nehmen und Abkommen etwa für den Ausbau der iranischen Infrastruktur zu schliessen. Kurzfristig werde er in Rom und Paris verschiedene wirtschaftliche Projekte wie Autobau und Modernisierung der zivilen Luftfahrt besprechen und vielleicht auch zu konkreten Ergebnissen kommen, hatte Ruhani vor dem Abflug in Teheran erklärt.
Erste Abkommen seien am Montag bereits geschlossen worden, sagte Renzi, weitere sollen folgen. Die Zeitung «Corriere della Sera» berichtete, allein in Italien sollten voraussichtlich Verträge im Umfang von 17 Milliarden Euro unterschrieben werden, unter anderem mit der Ölservice-Firma Saipem und der Staatsbahn.
Aber auch politisch sei der Besuch sehr wichtig, da trotz des Atomabkommens Kritikpunkte wie die Beziehung zu Israel und die Menschenrechtslage im Iran ungeklärt blieben.
Ruhani bezeichnete nach seinem Treffen mit Renzi das Atomabkommen als ein «politisches Wunder». Die gleiche Methode müsse nun angewendet werden, um in Nahost und Nordafrika Lösungen für einen dauerhaften Frieden zu finden, sagte er. «Die Sicherheit in unserer Region erreichen wir nicht durch Militäreinsätze, sondern durch die Politik», betonte der Staatschef weiter.
Durch die Präsenz des Irans auf der internationalen Bühne sei es nun leichter, den Kampf gegen den Terror zu gewinnen, sagte Renzi. Das Atomabkommen sei zudem nur «ein erster Schritt hin zu einer neuen Ära des Friedens und des Wohlstandes, nicht nur im Iran, sondern in der gesamten Region.» Ruhani könne eine Schlüsselrolle beim Aufbau des Friedens spielen.
Die iranische Wirtschaft war durch die im Zuge des Atomstreits verhängten Finanz- und Handelssanktionen in eine schwere Krise geraten. Vor einer Woche wurde aber die Umsetzung des im Juli geschlossenen Atomabkommens verkündet, woraufhin die meisten internationalen Strafmassnahmen aufgehoben wurden. Italien und Frankreich zählten vor der Verschärfung der Sanktionen Anfang 2012 zu den wichtigsten Handelspartnern des Iran.
Beide Länder schickten nach dem Abschluss des Atomabkommens bereits grosse Wirtschaftsdelegationen nach Teheran, um sich für den Moment der Aufhebung der Sanktionen in Stellung zu bringen. Auch andere Staaten hoffen auf lukrative Aufträge.
Die Reise bietet Ruhani die Möglichkeit, vor der wichtigen Parlamentswahl Ende Februar durch den Abschluss wichtiger Wirtschaftsverträge ein Signal zu setzen, dass die Zeit der Isolation vorbei ist.
Ruhani war im Juni 2013 mit dem Versprechen gewählt worden, den Atomstreit beizulegen, um die Aufhebung der Sanktionen und eine Entspannung mit dem Westen zu erreichen. Ruhani hofft, dass sich seine Erfolge bei der Wahl nun auszahlen.