«Wir haben nun die eigentliche Befreiung Mossuls begonnen», sagte der Chef der Anti-Terror-Kräfte, Talib Schaghati, dem Staatssender Al-Iraqiya am Dienstag. Irakische Eliteeinheiten nahmen den Ort Gogdschali am östlichen Stadtrand Mossuls und ein TV-Gebäude direkt an der Stadtgrenze ein, wie die Armee mitteilte.
Es ist das erste bedeutende Gebäude, das die Armee seit Beginn der Offensive vor zwei Wochen in der von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehaltenen Stadt erobert hat. Der Vormarsch gehe weiter, liess die Armee verlauten.
Trotz des Vormarschs an die Stadtgrenze dürfte die Schlacht um die letzte Bastion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak noch Wochen oder sogar Monate dauern. Die Extremisten verteidigen sich gegen die Angreifer mit Selbstmordattentätern und Scharfschützen. Zudem haben sie Tunnelsysteme ausgehoben, in denen sie sich geschützt bewegen können. Es drohen blutige Strassenkämpfe.
Schwierig ist die Offensive für die Angreifer auch, weil der IS nach UNO-Erkenntnissen Tausende Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht.
Allerdings sei es der Luftwaffe der US-geführten Koalition bislang gelungen, den IS am Transport von bis zu 25'000 Menschen in die Nähe von Mossul zu hindern, erklärte eine Sprecherin des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf. Eine unbestimmte Zahl von Zivilisten sei aber bereits aus dem Ort Hammam al-Alil mit Lastwagen und Kleinbussen näher an die Stadtgrenze gebracht worden.
Bei der UNO würden zudem Berichte über Massenmorde an Zivilisten eingehen, mit denen der IS offenbar die Bevölkerung in den von der Terrororganisation gehaltenen Gebieten zum Gehorsam zwingen wolle. So sollen allein am Samstag 40 Zivilisten getötet worden sein, die früher Angehörige der irakischen Armee waren.
Befreit die irakische Armee zusammen mit den kurdischen Peschmerga-Kämpfern und Milizen die Grossstadt Mossul von den Extremisten, wäre der IS im Irak militärisch weitgehend besiegt. Während die Angreifer von Osten her an Mossul heranrücken konnten, sind sie im Norden und vor allem im Süden noch weiter von der Stadtgrenze entfernt.
Der irakische Regierungschef Haider al-Abadi hatte am Montagabend bei einem Auftritt in Tarnuniform im staatlichen Fernsehen jedoch verkündet, der Ring um den IS werde von allen Seiten geschlossen. Für die Dschihadisten gebe es keinen Fluchtweg, sie müssten «sterben oder sich ergeben».
Für einen zusätzlichen Konflikt könnte das Vorgehen der türkischen Regierung sorgen: Obwohl Bagdad eine Beteiligung türkischer Einheiten an der Mossul-Offensive ablehnt, schaffte die Türkei am Dienstag Panzer und Artillerie in die Nähe der Grenze zum Irak. Die türkischen Truppen unterstützen lokale Milizen und die kurdischen Peschmerga.
Iraks Premierminister Al-Abadi sagte daraufhin, jede Einmischung der Türkei bleibe weiter verboten. Sollte das türkische Militär sich einmischen, würden die Truppen «als Feinde» behandelt.
Der IS hatte Mossul im Sommer 2014 in einer Blitzoffensive erobert, ohne dass die irakische Armee nennenswerten Widerstand leistete. Die Stadt war einst eine Hochburg der Anhänger des früheren Machthabers Saddam Hussein. Nach dessen Sturz schlossen sich viele von ihnen der Terrormiliz IS an.
Die ethnisch und religiös gemischte Stadt am Tigris ist von grosser strategischer Bedeutung, nicht nur wegen ihrer Ölfelder und Raffinerien. Brisant ist daher die Frage, wer nach einer Vertreibung der sunnitischen IS-Miliz die Kontrolle über Mossul übernimmt, das unter anderen von Kurden und der Zentralregierung in Bagdad beansprucht wird.