Angesichts der Kämpfe um Mossul stellen sich Hilfsorganisationen auf eine massive Fluchtbewegung ein. «Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor», erklärte der Direktor des Norwegischen Flüchtlingsrats (NRC), Wolfgang Gressmann. «Das Leben von 1,2 Millionen Menschen ist in grosser Gefahr.»
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) teilte mit, seit dem Beginn der Offensive Mitte Oktober seien bereits mehr als 20'000 Menschen vertrieben worden. «In den vergangenen Wochen haben Tausende ihre Wohnungen verlassen, Familien wurden auseinandergerissen, viele Zivilisten verletzt oder durch Heckenschützen oder Sprengsätze getötet», erklärte Gressmann.
Die kurdischen Regionen im Irak hätten seit dem Beginn des IS-Vormarsches 2014 mehr als 250'000 syrische Flüchtlinge und 1,5 Millionen Vertriebene aus dem Irak aufgenommen, erklärte die Hilfsorganisation Misereor.
Die medizinische Versorgung sei bereits unzureichend, es fehle an Medikamenten. Ein Viertel der Partner der Weltgesundheitsorganisation WHO habe im Juli aufgrund fehlender Geldmittel die Arbeit reduzieren oder ganz einstellen müssen.
Die irakischen und kurdischen Einheiten standen nach Armeeangaben im Norden zwei Kilometer vor der Millionenstadt, im Osten wurde direkt an der Stadtgrenze weiter gekämpft, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Im Süden waren die irakischen Streitkräfte noch rund 30 Kilometer entfernt.
Im bereits eroberten Gogdschali am östlichen Stadtrand von Mossul im Nordirak schwenkte ein irakischer Soldat eine schwarze Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die aus ihrer Hochburg Mossul vertrieben werden soll. «Wir haben sie weggenommen und stattdessen eine irakische Flagge gehisst», sagte der Soldat.
In der Nähe von Gogdschali war das Feuer automatischer Gewehre zu hören, Anzeichen für eine rasche Offensive Richtung Innenstadt gab es nicht. Im Osten von Mossul war es irakischen Eliteeinheiten am Dienstag nach eigenen Angaben erstmals gelungen, auf das Stadtgebiet vorzudringen.
Der IS verfügt Schätzungen zufolge in Mossul über bis zu 5000 Kämpfer. Die Dschihadisten hatten Mossul im Sommer 2014 erobert. Nach Angaben der UNO hat der IS zehntausende Zivilisten verschleppt, um sie womöglich als menschliche Schutzschilde einzusetzen.
Westlich von Mossul kämpfen schiitische Milizen, die dem IS Rückzugswege Richtung Syrien versperren sollen. Die vom Iran unterstützten Einheiten nahmen seit Beginn der Offensive vor mehr als zwei Wochen mehr als 40 Dörfer ein, wie der Sprecher der Milizen, Ahmed al-Asadi, am Mittwoch sagte. Sie rückten nun weiter auf die vom IS kontrollierte Stadt Tel Afar vor.
Der Einsatz der Milizen bei der Offensive auf Mossul ist höchst umstritten. Die Sunniten im Irak lehnen eine Teilnahme der schiitischen Gruppen an der Operation strikt ab. Viele Sunniten fühlen sich von der Mehrheit der Schiiten diskriminiert. Sie befürchten Racheakte und eine weitere Machtausdehnung der Schiiten.