Die Arbeit von Gerichtsmedizinern ist nicht immer appetitlich. Zur wissenschaftlichen Arbeit gehört auch, den Verwesungsprozess von Leichen zu erforschen.
Dazu haben Wissenschaftler der Forensic Anthropology Research Facility in Texas, die auch als «Body-Farm» («Leichen-Farm») bekannt ist, im Juli 2014 einen menschlichen Leichnam in den Wald gelegt. Sie wollten herausfinden, wie genau Aasfresser ihre Spuren hinterlassen. Sie erwarteten Füchse, Koyoten, Waschbären und Truthahn-Geier, die im Gebiet heimisch sind.
Was dann aber in die Fotofalle tappte, erstaunte die Forscher. Im Januar 2015 – als der Verwesungsprozess schon weit fortgeschritten war – stoppte ein Weisswedelhirsch bei der Leiche, mit einem menschlichen Knochen im Maul. Die Weisswedelhirsche sind übrigens auch die Vorlage zu Disneys berühmten Zeichentrick-Klassiker «Bambi» von 1942.
Knochen ragt «wie Zigarre» aus dem Maul
Knapp eine Woche später filmte die Kamera den Hirsch erneut. Dieses Mal ragte eine Rippe aus dem Maul – «wie eine Zigarre», merkt die Webseite «Popular Science» süffig an. Noch ist es nicht klar, ob es sich um dasselbe Tier handelt.
Es sei der erste wissenschaftliche Beweis, dass ein Hirsch an menschlichen Knochen nagt, wie die Forscher in ihrer Anfang Mai veröffentlichten Arbeit schreiben.
Allerdings sei es nicht das erste Mal, dass die Pflanzenfresser ihre vegetarische Diät aufpeppen. Hirsche seien schon dabei beobachtet worden, wie sie Fische, Fledermäuse oder Kaninchen assen. Die Forscher gehen davon aus, dass Hirsche so wichtige Mineralien wie Phosphor, Salz und Kalzium aufnehmen, die ihnen in der normalen Nahrung fehlen. Vor allem im Winter.
Die Forensiker hoffen, dass solche Spuren künftig neue Erkenntnisse bei Todesfällen bringen. Zum Beispiel darüber, wie lange eine Leiche schon im Wald liegt. Denn Pflanzenfresser wie Hirsche hinterlassen auf den Knochen ein Zickzack-Kaumuster, das sich von demjenigen von Raubtieren stark unterschiedet. Diese wiederum wittern eine Beute schneller als Pflanzenfresser. (bö)