Immer neue Details zum Party-Gate in Grossbritannien
«Es würde mich wundern, wenn Johnson Ende Woche noch Premier ist»

Immer mehr kommt über Boris Johnsons Lockdown-Partys ans Licht. Muss Johnson gehen – und wer könnte ihn ersetzen?
Publiziert: 24.01.2022 um 15:23 Uhr
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Boris Johnson muss um sein Amt kämpfen.
Foto: imago images/i Images
Fabienne Kinzelmann

Für Briten-Premier Boris Johnson könnten die letzten Tage in der Downing Street begonnen haben. In dieser Woche legt Ethikchefin Sue Gray ihren Bericht über Johnsons Partyleben im Lockdown vor. Und schon vorab dringen immer mehr hässliche Details über Johnsons Partyleben im Lockdown an die Öffentlichkeit.

Selbst in Johnsons Privatwohnung wurde offenbar gefestet. Enge Freunde von Johnsons Frau Carrie (33) sollen laut «Times» in Lockdown-Zeiten häufiger zu Gast gewesen sein – offiziell aus Arbeitsgründen. Doch diese arbeiten offenbar gar nicht für die Downing Street, sondern für das angegliederte Cabinet Office.

«Wenn Boris Johnson bis Ende der Woche immer noch Premierminister ist, wäre ich sehr überrascht», sagte eine mit den bisherigen Untersuchungsergebnissen vertraute Quelle der «Daily Mail». Staatssekretärin Sue Gray untersucht insgesamt rund ein Dutzend Partys der Regierung, die während der Corona-Lockdowns im Mai und Winter 2020 sowie im April 2021 stattgefunden haben.

Ex-Chefberater Cummings sagt aus

Die als unbestechlich geltende Staatssekretärin Sue Gray hat bislang unter anderem mit Abgeordneten, politischen Beratern und Sicherheitskräften gesprochen und auch das offizielle Tagebuch des Premierministers untersucht.

Nur ihr Kronzeuge fehlt noch: Johnsons Ex-Chefberater Dominic Cummings (50). Der stolperte im Frühjahr 2020 selbst über einen Osterausflug während der strengen Ausgangssperre und dürfte seinen ehemaligen Chef bei der Befragung am Montag nicht schonen.

Cummings und Johnson haben sich zerstritten. Im vergangenen Jahr teilte Cummings mehrfach öffentlich gegen Johnson aus: Dieser sei «nicht für sein Amt fähig» und habe in der Corona-Krise sein Ego über Menschenleben gestellt.

Britinnen und Briten sind unzufrieden mit Boris Johnson

Die britische Öffentlichkeit hat die Schnauze längst voll. Boris Johnsons Beliebtheitswerte sind massiv gefallen, 73 Prozent der Bevölkerung sind laut einer monatlichen «YouGov»-Umfrage mittlerweile unzufrieden mit ihrem exzentrischen Regierungschef.

Und auch der Rückhalt in seiner eigenen Party schwindet. Die öffentlichen Unterstützungsbekundungen aus den Top-Reihen der Tories sind da, aber spärlich.

Beispielhaft dafür ist das Verhalten von Finanzminister Rishi Sunak (41), den die Buchmacher als Favoriten für eine mögliche Johnson-Nachfolge sehen.

Er glaube Johnsons Bericht über die Ereignisse, sagte er zwar laut «Politico» in einem Radio-Interview. Bei der Frage, ob Johnson seine «eindeutige Unterstützung» habe, brach Sunak das Interview jedoch ab und ging, ohne zu antworten.

Das sind die Favoriten auf die Johnson-Nachfolge

Noch wollen die meisten Tories Grays Bericht abwarten. Doch im Hintergrund wird bereits ausgelotet, wer Johnson ersetzen könnte. Neben Finanzminister Sunak gelten Aussenministerin Liz Truss (46), die zusätzlich auch Ministerin für Frauen und Gleichstellung ist, der ehemalige Aussen- und Gesundheitsminister Jeremy Hunt (55) sowie Vize-Premier und das langjährigste Kabinettsmitglied Michael Gove (54) und Handelsministerin Penny Mordaunt (48) als mögliche Nachfolger an der Spitze der Regierung.

Johnson ist offenbar nervös. Wie die «Times» berichtet, soll er bereits vergangene Woche ein Team aus Vertrauten damit beauftragt haben, die Unterstützung in den Reihen seiner Partei zu sichern, um für den Fall eines Misstrauensvotums gerüstet zu sein. «Partygate» ist nicht der einzige Kampf, den Boris Johnson aktuell führen muss.

Vorwürfe wegen Islamophobie und Erpressung

Die erste muslimische Tory-Abgeordnete Nusrat Ghani (49) und ehemalige Untersekretärin im Verkehrsministerium wirft der Regierung Islamophobie vor: Sie sei bei einer Kabinettsumbildung 2020 wegen ihrer Religion geschasst worden. Wie am Montagmorgen bekannt wurde, hat der Briten-Premier eine Untersuchung angeordnet.

Zudem wirft der Abgeordnete und Johnson-Kritiker William Wragg (34) seinen Parteikollegen Erpressung vor. Kollegen von Regierungsmitarbeitern sollen mit der Veröffentlichung kompromittierenden Materials bedroht und eingeschüchtert worden sein. Dem «Telegraph» bestätigte Wragg, dass er diese Woche bei der Polizei aussagen will.

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