Überschattet von Betrugsvorwürfen ist in der Republik Moldau am Sonntag ein neues Parlament gewählt worden. Die Wahlbeteiligung lag knapp über 49 Prozent, wie die Wahlkommission nach Schliessung der Wahllokale am Abend mitteilte.
Erwartet wurde ein Dreikampf zwischen der prorussischen Sozialistischen Partei von Präsident Igor Dodon, der regierenden Demokratischen Partei (PDM) und dem proeuropäischen Parteienbündnis Acum. Das Ergebnis wird am Montag erwartet.
Jeder beschuldigt jeden
Angesichts des ungewissen Wahlausgangs erhoben Vertreter der drei stärksten Parteien Betrugsvorwürfe. «Diese Wahlen waren weder frei, noch korrekt, noch demokratisch», sagte Maia Sandu, eine der führenden Vertreterinnen des proeuropäischen Bündnisses Acum. Präsident Dodon und der Oligarch Wlad Plahotniuc, dessen Regierungspartei PDM in Umfragen auf dem dritten Platz lag, beschuldigten sich gegenseitig des Stimmenkaufs. «Habt keine Angst und lasst Euch nicht bestechen», sagte Dodon nach der Stimmabgabe vor Journalisten in der Hauptstadt Chisinau.
Andrej Nastase vom Bündnis Acum warf der Regierungspartei vor, für Bestechungsgelder empfängliche Wähler in Bussen zu den Wahllokalen gefahren zu haben. Der stellvertretende Vorsitzende von Plahotniucs PDM, Wladimir Schebotar, warf der Sozialistischen Partei vor, den Bewohnern Transnistriens Geld geboten zu haben.
Beschwerden angekündigt
Die Demokratische Partei und die Sozialistische Partei kündigten an, Beschwerde bei der Wahlkommission einzulegen. Mit der Wahl der Abgeordneten entschieden die Wähler auch über die Frage, ob die ehemalige Sowjetrepublik sich künftig eher der EU zuwendet oder ihre engen Beziehungen zu Moskau ausbaut.
Russland hat in der abtrünnigen moldauischen Region Transnistrien seit Jahren Truppen stationiert und weigert sich trotz einer entsprechenden Uno-Entschliessung diese abzuziehen. In den Umfragen lag zuletzt die Partei von Präsident Dodon vor Acum und der PDM. Die PDM, die derzeit die Mehrheit der 101 Sitze im Parlament hat, verfolgte bisher einen ausgewogenen Ansatz zwischen Moskau und Brüssel.
Das ärmste Land Europas
Die Wahl findet erstmals nach einem neuen System statt, einer Kombination aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht. Sollte keine der drei Gruppierungen die absolute Mehrheit erlangen, befürchten Beobachter eine neue Periode der Instabilität. Moldau mit seinen rund 3,5 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder Europas. Laut Weltbank ist das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen vier Mal niedriger als im Nachbarland Rumänien. Die Wirtschaft ist auf Überweisungen von im Ausland arbeitenden Moldauern angewiesen sowie auf den Export von Wein und anderen landwirtschaftlichen Produkten nach China und Osteuropa.
Rund eine Million Menschen haben moldauischen Medien zufolge aus Armut das Land verlassen, um Geld in der EU und Russland zu verdienen. Mit einem Schweigemarsch hatten Moldauer am Samstag an das Ausbluten des Landes erinnert.
Vor allem Korruption gilt in dem kleinen Land weiter als grosses Problem. Viele Bürger beklagen zudem mafiöse Strukturen. Russland ist für die Republik traditionell ein grosser Absatzmarkt für Agrarprodukte wie Äpfel, Pflaumen und Trauben. (SDA)