Nach eindringlichen Warnungen ist der extrem gefährliche Hurrikan Laura mit Windgeschwindigkeiten von 240 Stundenkilometern auf das US-Festland am Golf von Mexiko getroffen.
Im Dunkel der Nacht auf Donnerstag richtete der Wirbelsturm erhebliche Schäden in Teilen der Bundesstaaten Louisiana und Texas an, die bei Tagesanbruch allmählich sichtbar wurden: Die Wucht des Sturms deckte Dächer ab, riss Fassaden von Häusern weg und liess Strommasten und Bäume umknicken. Meerwasser überflutete die Küste weit bis ins Landesinnere.
Vier Menschen kam im US-Bundesstaat Louisiana ums Leben. Darunter eine 14-Jährige. Sie wurde von einem umstürzenden Baum erschlagen. Gouverneur John Bel Edwards sagte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, er sei besorgt, dass bei den nun anstehenden Such- und Rettungsarbeiten weitere Tote gefunden werden könnten. «Ich hoffe nicht, ich bete, aber das ist der Grund, warum wir rausgehen und diese Such- und Rettungsaktionen durchführen.»
In Texas gab es zunächst keine Hinweise auf Todesopfer, wie der Gouverneur Greg Abbott dem Sender Fox News am Morgen sagte. «Das war das oberste Ziel.»
Gefahr ist noch nicht gebannt
Meteorologen warnten weiter vor Überschwemmungen durch Starkregen, zerstörerischen Winden und gefährlichen Sturmfluten. Hunderttausende Haushalte waren nach US-Medienberichten ohne Strom. US-Präsident Donald Trump wollte sich beim Katastrophenschutz später am Donnerstag über die Lage unterrichten lassen, kündigte das Weisse Haus an. «Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Sightseeing», warnte Louisianas Gouverneur John Bel Edwards. Die Gefahr sei noch nicht gebannt.
Ein Pfeifton sei zu hören gewesen, als der Hurrikan über Sulphur in Louisiana zog, schrieb der Hurrikan-Jäger Josh Morgerman in den frühen Morgenstunden auf Twitter. Auf einem seiner Videos ist zu sehen, wie der Sturm die Regenmassen vor sich her peitschte - im Licht einer Strassenlaterne sah das aus wie schnell ziehende Nebelschwaden. Menschen wie Morgerman begeben sich ungeachtet der Warnungen in die unmittelbare Gefahr der Stürme.
Hurrikan klingt wie «ein dröhnendes Düsentriebwerk»
Die Behörden hatten Hunderttausende Menschen angewiesen, sich in Sicherheit zu bringen. Je näher der Sturm mit zunehmender Stärke der US-Küste am Mittwoch gekommen war, desto eindringlicher wurden die Warnungen. «Gehen Sie jetzt in Deckung», schrieb das Nationale Hurrikanzentrum schliesslich. Es handele sich um eine «lebensbedrohliche Situation».
Der Hurrikan klinge wie «ein dröhnendes Düsentriebwerk», beschrieb ein Reporter des Fernsehsenders CNN die Situation in Lake Charles (Louisiana). Der Hurrikan habe selbst die stabilsten Gebäude erzittern lassen, Glasscherben seien durch die Luft geflogen. Fensterscheiben eines massiven Hochhauses in dem Ort hielten der Wucht des Sturms nicht Stand, wie bei Tageslicht sichtbar wurde.
Bundesstaat hat traumatische Erfahrungen mit Wirbelstürmen
Louisiana war grossflächig von den Auswirkungen des Sturms betroffen. Und der Bundesstaat hat traumatische Erfahrungen mit Wirbelstürmen gemacht. Vor fast genau 15 Jahren - am 29. August - suchte Katrina ihn heim: ein Wirbelsturm der höchsten Kategorie fünf mit Winden von einer Geschwindigkeit bis zu 280 Kilometer in der Stunde.
Katrina richtete Schäden historischen Ausmasses an, ein Museum in New Orleans erinnert an die Katastrophe. Gut 80 Prozent der Grossstadt wurden überflutet. Katrina tötete insgesamt mehr als 1800 Menschen, Hunderte galten als vermisst. In den USA gab es nur zwei Stürme mit mehr Toten. Doch der Okeechobee-Hurrikan mit etwa 4000 Opfern war 1928 und der «Galveston-Hurrikan» mit bis zu 12 000 Toten schon im Jahr 1900.
Das Schlimmste wird erwartet
Auf Katrina war damals Rita gefolgt - und Laura nahm nun einen ähnlichen Weg wie der damalige Hurrikan. Angesichts einer Stärke von vier von fünf sprach das Hurrikanzentrum von einem «extrem gefährlichen Hurrikan». Gewarnt wurde vor «verheerenden» Schäden und Sturmfluten, «die man nicht überleben kann». Es werde mehrere Tage oder Wochen keinen Strom und kein Wasser geben. Heftige Winde und Überflutungen drohten auch im Bundesstaat Arkansas.
Die Behörden hatten gewarnt, dass wegen der Überschwemmungen viele Orte womöglich bis Freitag oder Samstag nicht zugänglich sein könnten. Der Sheriff im Vermilion Parish unweit von Lake Charles hatte auf Facebook einen düsteren Hinweis an die Menschen gegeben, die entgegen der Warnungen in ihren Häusern blieben. «Wenn Sie sich dafür entscheiden, zu bleiben, und wir Sie nicht erreichen können, schreiben Sie ihren Namen, Ihre Adresse, Ihre Sozialversicherungsnummer und Ihre nächsten Angehörigen auf und stecken Sie sich (den Zettel) in einem Druckverschlussbeutel in die Tasche.» Man erwarte das Schlimmste und bete für das Beste.
Rekordjahr für Wirbelstürme
Laura schwächte sich über dem Festland am Donnerstag wie erwartet rasch ab, blieb aber weiterhin gefährlich. Der Wirbelsturm hatte über ungewöhnlich warmem Meerwasser rasch an Kraft gewonnen und war am Mittwoch innerhalb weniger Stunden von Kategorie zwei auf Kategorie vier hochgestuft worden. Damit war Laura der erste sehr starke Hurrikan der Saison.
Die US-Klimabehörde NOAA rechnet damit, dass 2020 ein Rekordjahr für Wirbelstürme werden könnte. Erwartet werden 19 bis 25 Stürme, von denen sieben bis elf Hurrikans werden könnten, drei bis sechs sogar sehr starke mit Windgeschwindigkeiten von 178 Stundenkilometern und mehr. In durchschnittlichen Jahren gibt es an der Atlantikküste zwölf Stürme, von denen sich drei zu Hurrikans der Kategorie drei, vier oder fünf entwickeln. (SDA)