Die Flammen verschlingen vor einer Woche in Kanada ein ganzes Dorf. Lytton ist niedergebrannt. Seine Bewohner ohne Dach. In den Tagen vor dem Inferno riss das Örtchen in British Columbia drei Hitzerekorde in Folge: 46,6, 47,9, 49,5 Grad. Im Westen Kanadas starben Hunderte einen plötzlichen Tod. Fast dreimal so viele wie sonst.
Eine Studie kommt nun zum Schluss: Ohne den Klimawandel wäre es in Kanada höchstwahrscheinlich nie so weit gekommen.
150 Mal wahrscheinlicher
Die World Weather Attribution Group, bestehend aus hochrangigen Wissenschaftlern unter anderem von der ETH Zürich, zeigt auf, dass die Erwärmung die Hitzewelle in Nordamerika 150 Mal wahrscheinlicher gemacht hat.
Neben Kanada war auch der Westen der USA von der extremen Hitze betroffen. Die Temperaturen führen die Experten auf mehrere Faktoren zurück. So hatte sich letzte Woche über diesen Gebieten eine Hitzeglocke (Heat Dome) gebildet. Üblicherweise windet der Jetstream, ein kräftiger Höhenwind über Nordamerika, die heisse Luft weg. Vergangene Woche war er aber äusserst unbeständig. Entsprechend stauten sich tagelang Luftmassen aus den Tropen und Subtropen.
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«Was wir sehen, ist beispiellos»
Die Wahrscheinlichkeit für dieses Wetterextrem haben die Forscher berechnet. Einmal zu den heutigen Bedingungen, einmal zu jenen vor der Industrialisierung.
Resultat: Die Hitzewelle ist heute nicht nur 150 Mal wahrscheinlicher, sondern auch deutlich heisser! Zwei Grad wärmer sei sie gewesen als man zu den Bedingungen vor der Industrialisierung hätte erwarten können.
Die beteiligte Forscherin Friederike Otto von der Universität Oxford sagte: «Was wir sehen, ist beispiellos. Es ist nicht normal, dass Wärmerekorde um vier oder fünf Grad Celsius gebrochen werden.»
Extremhitze bald alle fünf Jahre?
Das jetzige Ereignis sei aber auch zu den heutigen Klimabedingungen extrem unwahrscheinlich: Die Modelle sehen es nur einmal in 1000 Jahren vor. Erderwärmung und grosses Pech also!
Die Studie stellt aber noch eine zweite Erklärung vor, die weitaus beunruhigender ausfällt: Der Klimawandel habe eine Schwelle erreicht, bei der sich bislang nicht für möglich gehaltene extreme Wetterphänomene sprunghaft häufen. Darauf deuteten die gesammelten Daten allerdings bislang nicht hin.
Doch die aussergewöhnlichen Vorkommnisse könnten ein Vorgeschmack auf die Zukunft sein – auch in der Schweiz. Wenn die globale Erwärmung zwei Grad erreicht, könnten Ereignisse wie die Hitze in Nordamerika statt im Schnitt einmal in 1000 Jahren alle fünf bis zehn Jahre vorkommen. (hah/SDA)