Kenneth Eugene Smith (58) wusste, dass er am 17. November 2022 sterben würde: Angeschnallt lag der zum Tode verurteilte Mann auf einer Liege im US-Bundesstaat Alabama, seine Henker versuchten, eine Nadel in seinen Arm einzuführen, stocherten in seinen Adern herum.
Ein Mitarbeiter versuchte schliesslich den Drogencocktail, der zu seinem Tod führen würde, über eine Infusion am Hals zu verabreichen – und scheiterte. Vier Stunden musste Smith die Tortur über sich ergehen lassen. Als die Behörden die Hinrichtung abbrechen, «zittert, schwitzt und hyperventiliert» Smith, berichtete das Death Penalty Information Center später.
Neues Hinrichtungsdatum steht fest
Jetzt hat Smith, der 1988 für einen Auftragsmord verurteilt wurde, ein neues Todes-Datum erhalten: Der nächste Hinrichtungstermin ist zwischen dem 25. und 26. Januar 2024. Und was auch neu sein wird: Smith wird der erste Häftling in den USA sein, der mit Stickstoff hingerichtet wird. Befürworter in den USA sprechen von einer «humanen» Art, eine Hinrichtung durchzuführen, da der zum Tode Verurteilte schnell bewusstlos werde.
Bedeutet dies wirklich einen schmerzlosen Tod? Das ist völlig unklar.
Alabama hat in den Gerichtsunterlagen die Passagen geschwärzt, in denen beschrieben wird, wie das genaue Prozedere ablaufen wird. Nur soviel steht drin: Der Häftling soll über eine Maske auf dem Gesicht reinen Stickstoff einatmen und durch Ersticken getötet werden.
«Lässt sich kaum vorhersagen»
Da der menschliche Körper Sauerstoff zum Überleben braucht, ist die Bewusstlosigkeit eine der ersten Folgen bei Sauerstoffmangel. Doch wie lange es geht, ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Laut dem Toxikologen Henning Hintzsche würde diese bei der Verabreichung von reinem Stickstoff «relativ schnell, wir sprechen über Sekunden, maximal wenige Minuten» eintreten, wie er dem «Spiegel» sagt.
Gemäss Hintzsche spielen für die Dauer diverse Faktoren eine Rolle. Unter anderem die Körpergrösse, der Energiebedarf des Menschens, Gewicht, wie Fett und Muskeln verteilt sind – und da könnte Smith während Minuten einen grauenvollen Todeskampf erleiden. Hintzsche sagt zum «Spiegel»: «Das ist eine Stelle, an der eben doch noch Schmerz und Leid auftreten können, die sich kaum vorhersagen lassen.»
Nicht mal mehr Tiere werden mit Stickstoff eingeschläfert
Auch unklar ist, wie die Behörden in Alabama die Maske anbringen wollen, damit sie völlig luftdicht auf dem Gesicht liegt. Tut sie dies nicht, könnte das Nervensystem langsam und schmerzvoll aussetzen, oder schlimmer noch: Der Mann könnte den Versuch überleben und durch den Sauerstoffmangel schwere Hirn- und Organschäden erleiden.
Die gemeinnützige Organisation Equal Justice Initiative kritisiert, Alabama habe eine Reihe von «fehlgeschlagenen und fehlerhaften Hinrichtungen und Hinrichtungsversuchen» zu verantworten und «das Experimentieren mit einer noch nie zuvor angewandten Methode sei eine schreckliche Idee.»
Übrigens wird in den USA nicht mal mehr wie früher Hunde und Katzen von den Tierärzten per Stickstoff eingeschläfert. Studien ergaben, dass diese Methoden vor dem Tod Panik, Schmerzen und hohen Stress oder gar Krampfanfälle auslöst.