Höchstes Strafmass bisher
22 Jahre Haft für Proud-Boys-Anführer Tarrio wegen Sturm auf US-Kapitol

Der ehemalige Anführer der rechtsradikalen US-Miliz Proud Boys, Enrique Tarrio, ist wegen seiner Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Publiziert: 06.09.2023 um 03:00 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2023 um 11:09 Uhr
Muss für lange Zeit hinter Gitter: «Proud Boys»-Anführer Enrique Tarrio.
Foto: Keystone/AP/Noah Berger

«Jener Tag hat unsere zuvor ungebrochene Tradition friedlicher Machtübergaben gebrochen», sagte Richter Timothy Kelly am Dienstag bei der fast vierstündigen Strafmassverkündung in Washington. Er verurteilte Enrique Tarrio zu 22 Jahren Haft. Es handelt sich um die bislang höchste Strafe im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol.

Am 6. Januar 2021 waren rund 200 Mitglieder der Proud Boys an der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols durch radikale Anhänger des abgewählten Präsidenten Donald Trump beteiligt gewesen. Die Angreifer wollten verhindern, dass der Kongress an diesem Tag den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom November 2020 endgültig bestätigt.

Der 39-jährige Tarrio und vier weitere Mitglieder der Proud Boys waren im Mai 2023 der «aufrührerischen Verschwörung» schuldig gesprochen worden. Die vier anderen erhielten in der vergangenen Woche Haftstrafen zwischen zehn und 18 Jahren. Bis dahin hatte Stewart Rhodes, der Gründer der Oath Keepers – einer weiteren am Sturm auf das US-Kapitol beteiligten rechtsradikalen Miliz – mit 18 Jahren Haft die höchste Haftstrafe erhalten.

33 Jahre Haft waren gefordert worden

Die Anklage hatte 33 Jahre Haft für Tarrio gefordert. Dieser hielt sich am 6. Januar 2021 zwar nicht in Washington auf, ihm wird aber vorgeworfen, den Angriff von Mitgliedern der Proud Boys auf das Kapitol geleitet zu haben. Richter Kelly begründete das hohe Strafmass gegen Tarrio damit, dass dieser der «höchste Anführer der Verschwörung» gewesen sei.

Der Richter zeigte sich unbeeindruckt von der Reue, die der Beschuldigte im Gerichtssaal bekundete. Mit teilweise tränenerstickter Stimme bezeichnete Tarrio den 6. Januar 2021 als «furchtbaren Tag» und flehte den Richter um Gnade an.

Die Staatsanwaltschaft erklärte, auch wenn Tarrio am 6. Januar 2021 nicht persönlich in Washington gewesen sei, habe er «weit mehr Schaden angerichtet, als er es als individueller Aufrührer hätte tun können». Tarrio habe mehr «als General denn als ein Soldat» gehandelt, erklärten sie. «Der einzige Grund, warum Tarrio nicht neben den anderen marschiert ist, war, dass er bei seiner Ankunft in Washington DC festgenommen worden ist.»

Er verbrannte BLM-Fahne

Tarrio war zwei Tage vor der Kapitol-Erstürmung festgenommen worden, weil er eine Fahne der Anti-Rassismus-Bewegung «Black Lives Matter» verbrannt hatte. Der Anhänger des damaligen Präsidenten Donald Trump kam dann zunächst unter der Auflage frei, sich aus Washington fernzuhalten.

Trump hatte sich nach der Präsidentschaftswahl 2020 geweigert, seine Niederlage gegen Biden anzuerkennen, und vielfach widerlegte Wahlbetrugsvorwürfe erhoben. Am Mittag des 6. Januar 2021 rief der Republikaner seine Anhänger auf, zum Kapitol zu marschieren und «auf Teufel komm raus» zu kämpfen. Der folgende Angriff auf das Kapitol mit fünf Toten sorgte weltweit für Entsetzen und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie.

Trump wurde Anfang August von der Bundesjustiz wegen seiner Versuche angeklagt, den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 nachträglich zu kippen und sich damit an der Macht zu halten. Er muss sich im März wegen Wahlverschwörung vor Gericht verantworten. In einem weiteren Verfahren gegen Trump und 18 weitere Mitangeklagte um mutmassliche Wahlbeeinflussung im Bundesstaat Georgia steht noch kein Termin für den Prozessbeginn fest. (AFP)

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