Was ist in Schweden los? Am Mittwoch wurde Magdalena Andersson zur ersten weiblichen Premierministerin Schwedens gewählt. Wenige Stunden danach trat sie bereits wieder zurück! In einem ersten Statement sagte sie, keine Regierung führen zu wollen, deren Legimtität Anlass zu Zweifel gebe.
Als sie die Wahl gewann, sagte Andersson noch: «Meine Antriebskraft ist es, Schweden zu verbessern. Meine Antriebskraft ist immer gewesen, gegen Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft zu kämpfen», sagte die 54-Jährige nach ihrer Wahl. Dass sie als erste Frau schwedische Regierungschefin werde, komme nur «on top of that», also noch oben drauf, ergänzte Andersson. Sie sagte aber auch: «Ich weiss, was das für Mädchen bedeutet, die in unserem Land aufwachsen.»
«Historischer Tag»
Die in Uppsala geborene Andersson folgt auf ihren Parteifreund Stefan Löfven, der Schweden in den vergangenen sieben Jahren mit einer rot-grünen Minderheitsregierung geführt hat. Andersson war in dieser Zeit durchgehend Finanzministerin. Die Löfven-Regierung bezeichnete sich immer wieder als feministisch und stellte die Gleichstellung von Mann und Frau ins Zentrum ihrer Arbeit.
Das änderte aber nichts daran, dass Schweden im Gegensatz zum Rest Skandinaviens nie von einer Frau regiert wurde - bis jetzt. «Das ist ein historischer Tag für Schweden», sagte die grüne Abgeordnete Annika Hirvonen bereits vor der Abstimmung. «Sie hat das Glasdach zerbrochen», schrieb die bisherige Aussenministerin Ann Linde auf Twitter.
Plan von Löfven gescheitert
Löfven hatte im August angekündigt, sich erst als Partei- und dann auch als Regierungschef zurückzuziehen. Anfang November reichte der 64-Jährige zunächst den Parteivorsitz an Andersson weiter, vor zwei Wochen reichte er auch seinen Rücktritt als Ministerpräsident ein.
Mit seinem Rückzug will Löfven seiner Nachfolgerin die Gelegenheit geben, sich vor der nächsten Parlamentswahl in Schweden im September 2022 besser positionieren zu können. Baustellen erbt Andersson dabei gleich mit: Zum einen ist die Corona-Pandemie, in der Schweden einen Sonderweg mit vergleichsweise lockereren Massnahmen gewählt hatte, noch lange nicht durchgestanden. Zum anderen ringt das skandinavische EU-Land seit längerem mit grassierender Bandenkriminalität.
Komplizierte Mehrheitsverhältnisse
Was Andersson das Regieren erschwert hätte, sind die komplizierten Mehrheitsverhältnisse im Reichstag: Rot-Grün hat nur ein knappes Drittel der 349 Parlamentssitze inne, weshalb die Regierung bei Abstimmungen wie unter ihrem Vorgänger Löfven auf Stimmen anderer Parteien angewiesen sein wird. Andersson wurde am Mittwoch nur ins Amt gewählt, weil sich die Zentrumspartei und die Linken enthielten. Die restliche Opposition stimmte geschlossen gegen die Sozialdemokratin. (SDA/vof)