Der jüngeren Generation dürfte der Name Camp David vor allem wegen des deutschen Pop-Titans Dieter Bohlen (69) bekannt sein. Er ist – unübersehbar – Markenbotschafter des deutschen Modelabels. Die ältere Generation aber weiss: In Camp David ist 1978 der israelisch-ägyptische Friedensvertrag – das Camp-David-Abkommen – aufgegleist worden.
Jetzt dürfte der Landsitz des US-Präsidenten am Rande der Blue Ridge Mountains im US-Bundesstaat Maryland erneut Geschichte schreiben. Heute Freitag empfängt da US-Präsident Joe Biden (80) Japans Regierungschef Fumio Kishida (66) und den südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol (62) zu einem historischen Gipfeltreffen dieser drei Mächte. Hauptthema: die Bedrohung durch China und Nordkorea.
Dabei geht es vor allem um militärische Zusammenarbeit. Laut Berichten wollen die USA zusammen mit Japan moderne Raketen entwickeln, die Hyperschallgeschosse abfangen können. Solche Raketen erreichen mehrfache Schallgeschwindigkeit und werden von den Atommächten China, Russland und möglicherweise auch Nordkorea entwickelt. Weiter soll eine Hotline für den schnellen Austausch in Krisensituationen eingerichtet werden.
Während Südkorea und Japan Angriffe aus Nordkorea befürchten, hat Japan auch Angst vor einer Invasion Chinas. Der Hintergrund: Japans südwestliche Inselkette Okinawa, wo die USA Truppen stationiert haben, grenzt praktisch an Taiwan. Bei einem Angriff Chinas auf Taiwan könnte Japan in einen Krieg mit China involviert werden.
Japan verdoppelt Militärbudget
Japan rüstet daher massiv auf. So soll das Militärbudget, das zurzeit 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht, in den kommenden vier Jahren praktisch verdoppelt werden. Zudem sollen die Selbstverteidigungsstreitkräfte mit ihren aktuell rund 250'000 aktiven Soldaten präventiv ausländische Raketenbasen angreifen dürfen, wenn von dort Angriffe drohen.
Mit dieser Ausrichtung entfernt sich Japan immer mehr vom Pazifismus, den die Verfassung von 1946 vorschreibt und der kriegerische Aktivitäten und den Unterhalt von Streitkräften verbietet.
Der Feind eint
Dass sich die drei Staatsvertreter an einen gemeinsamen Tisch setzen, ist nicht selbstverständlich. Es ist vor allem der gemeinsame Feind China, der das Trio zu einer «asiatischen Nato», wie das Bündnis auch genannt wird, zusammenbringt. Denn zwischen den beiden asiatischen Staaten gibt es seit Jahrzehnten massive Differenzen. Von 1910 stand Korea unter japanischer Kolonialherrschaft, und im Zweiten Weltkrieg wurden viele Koreaner zur Zwangsarbeit nach Japan gebracht.
Seit der Konservative Yoon Suk Yeol Präsident Südkoreas ist, konnten die Wogen geglättet werden. Im März fanden die beiden Staaten einen Kompromiss zur Entschädigung der Opfer der Kolonialherrschaft. Es kam zu gegenseitigen Staatsbesuchen, man nennt sich «Partner».
Fragile Zusammenarbeit
Für Alexandra Sakaki, Asien-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, hat der Gipfel daher eine «immense Bedeutung» für die Region Ostasien. Sakaki: «Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine schauen die drei Partner zutiefst beunruhigt auf die zunehmenden Spannungen um Nordkorea und in der Taiwanstrasse. Mit engerer Kooperation hoffen die USA, Japan und Südkorea die Stabilität in der Region zu sichern.»
Wie lange die Zusammenarbeit anhält und wie erfolgreich sie sein wird, ist allerdings fraglich. Denn in den USA gibt es theoretisch die Möglichkeit, dass mit Donald Trump (77) 2025 wieder ein Mann Präsident sein, der nicht viel von Bündnissen hält, bei dem andere mehr profitieren als er selber.
Aber auch bei den Bündnispartnern selber herrscht nicht eitel Freude. «Es mangelt vor allem in Südkorea an öffentlicher Unterstützung für die Annäherung an Japan», sagt Sakaki. «Auch wenn die drei Seiten derzeit Geschlossenheit zeigen, sind daher Rückschritte in der Zusammenarbeit in der Zukunft nicht auszuschliessen.»