«Preise werden steigen – dann geht es um Einzelschicksale»
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Unicef zum Getreidedeal-Stopp:«In einigen Ländern droht weitere Destabilisierung»

Putin stoppt den Deal – Blick beantwortet die wichtigsten Fragen
Verrotten nun Millionen von Tonnen Getreide?

Der russische Präsident Wladimir Putin (70) hat am Montag angekündigt, den Getreidedeal mit der Ukraine nicht zu verlängern. Blick erklärt, was mit den Millionen von Tonnen Getreide nun passiert und welche Auswirkungen der Deal-Stopp für die Welt haben wird.
Publiziert: 17.07.2023 um 11:16 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2023 um 19:21 Uhr
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Im vergangenen Jahr lagerten im Hafen von Odessa 25 Millionen Tonnen Getreide, die nicht ausgeführt werden konnten.
Foto: Getty Images
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Guido FelderAusland-Redaktor

Als der Krieg begann, wurden in ukrainischen Schwarzmeer-Häfen Millionen von Tonnen Getreide blockiert. In einem Abkommen einigten sich die beiden Fronten darauf, Getreideschiffe nicht anzugreifen.

Das Abkommen endete am Montag um Mitternacht (23 Uhr Schweizer Zeit). Putin weigert sich, es zu verlängern, wie der Kreml am Mittag bekannt gab. Der türkische Präsident Reccep Tayyip Erdogan (69) ist jedoch guten Mutes, dass er Putin in den nächsten Tagen umstimmen könne.

Blick sagt, was du zum Abkommen und den Folgen einer Beendigung wissen musst.

Warum brauchts das Getreideabkommen?

Am 22. Juli 2022 unterzeichneten Russland und die Ukraine unter Vermittlung der Uno und der Türkei ein Abkommen, um die sichere Passage von Getreideschiffen aus drei Schwarzmeer-Häfen der Ukraine durch den Bosporus zu garantieren. Inspektionen sollen ausserdem sicherstellen, dass die Lebensmittelschiffe keine Waffen geladen haben.

Was hat das Abkommen gebracht?

Dank des Deals konnte die Ukraine 33 Millionen Tonnen Getreide ausführen, was den Lebensmittelpreis zum Sinken brachte. Ukrainisches Getreide ernährt rund 400 Millionen Menschen. Vor allem arme Länder sind dringend darauf angewiesen.

Warum hat Putin den Deal nicht verlängert?

Der Kreml fordert die Lockerung von Sanktionen, vor allem jene gegen die staatliche Landwirtschaftsbank, die keine Geschäfte mehr abwickeln kann. Die EU schlug dazu die Gründung einer Tochterbank der Agrarbank vor, was Moskau aber einen «bewusst nicht umsetzbaren Plan» nannte.

Welches sind alternative Transportrouten?

Bis vor Kriegsbeginn wurden über 90 Prozent der ukrainischen Ausfuhren über die Häfen am Schwarzen Meer abgewickelt. Saskia Kobelt (33), Emergency Programs Manager für Unicef Schweiz und Liechtenstein: «Nun will der ukrainische Getreideverband mehr Getreide über die Donau zu den Schwarzmeerhäfen des Nachbarlandes Rumänien schicken und hält es für möglich, die monatlichen Ausfuhren auf dieser Route auf vier Millionen Tonnen zu verdoppeln.»

Getreide kann auch per Bahn durch Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei transportiert werden. Das Problem: Die Güterzüge sind für die Mengen von Getreide zu klein und führen über verschiedene Spurweiten. Ausserdem führt der Transit durch östliche EU-Länder aus Konkurrenzgründen zu Unmut der dortigen Bauern.

Verrotten jetzt Millionen von Tonnen Getreide?

Laut Kobelt geht es weniger ums Verrotten des Getreides, sondern vielmehr darum, dass es auf den falschen Absatzmarkt gelangen könnte. Es könnte nämlich so weit kommen, dass das Getreide der Ukraine zwar seinen Absatz in Europa findet, aber das Getreide aus andern osteuropäischen Ländern konkurrenziert. Kobelt: «Dies könnte sogar zu einer Getreideschwemme führen, da die Produktion in den östlichen EU-Ländern zurzeit auf einem sehr hohen Stand ist.»

Wie viel Getreide produziert die Ukraine?

Vor der russischen Invasion betrug die Getreide- und Ölsaatenproduktion laut dem ukrainischen Getreideverband rund 106 Millionen Tonnen. Im vergangenen Jahr brach die Ernte auf 67 Millionen Tonnen zusammen. Fürs laufende Jahr erwartet der Verband einen weiteren Rückgang auf 50 Millionen Tonnen.

Wird Putin ohne Deal Getreideschiffe beschiessen?

Wie Putin vorgehen wird, ist ungewiss. Denkbar ist, dass er für jedes Schiff ein Lösegeld oder einen anderen Vorteil erpresst. Der vertragslose Zustand dürfte zu massiv höheren Versicherungskosten für die Schiffe führen. Ohne russische Zustimmung könnten Reedereien daher zögern, ihre Schiffe loszuschicken.

Was sind die Auswirkungen für die Welt?

Die Lebensmittelpreise dürften wieder ansteigen. Betroffen sind vor allem Länder des globalen Südens. Unicef Schweiz rechnet mit einer Zunahme von Hungersnöten sowie einer weiteren Destabilisierung von verwundbaren Regionen, die bereits unter Konflikten, Wirtschaftskrisen und Dürre leiden.

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