Hetze auf Social Media fordert Todesopfer
Das Hass-Imperium von Mark Zuckerberg

Facebook-Chef Mark Zuckerberg verliert die Kontrolle über die Inhalte. Doch statt den Hass zu stoppen, bekräftigt er das Recht auf Holocaustleugnung.
Publiziert: 22.07.2018 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:07 Uhr
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Ein Inder zeigt an einer Kundgebung gegen Fake News eine Falschmeldung auf Facebook.
Foto: Getty Images
Johannes von Dohnanyi

Digitale Kommunikation unter Kommilitonen: Das war die aus nächtlicher Bierseligkeit geborene Idee des Harvard-Studenten Mark Zuckerberg und seiner Freunde.

Die Euphorie nach der Facebook-Gründung im Februar 2004 überzeugte die Risiko-Kapitalgeber. 14 Jahre später gibt es weltweit mehr als zwei Milliarden Facebook-Nutzer. Über die Konzern-Tochter WhatsApp verschicken sie täglich etwa 60 Milliarden Nachrichten.

Doch aus Zuckerbergs sorglosem Anfangsmotto «Move fast, break things» (Schnell vorwärts und zerstören) ist längst ein globaler Albtraum geworden. Dem 33-Jährigen aus dem Bundesstaat New York geht es wie Goethes Zauberlehrling: «Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los!»

Denn zunehmend wird Facebook für politische Propaganda, rassistische Hetze und für direkte Gewaltaufrufe missbraucht.

Zuckerberg übernimmt keine Verantwortung 

Zuckerberg und seine Mitarbeiter leugnen jede publizistische Verantwortung. Sie sehen Facebook als reinen Dienstleister. Tatsächlich haben sie keine Ahnung, wie sie den zunehmend demokratiefeindlichen Brandstiftern Einhalt gebieten und gleichzeitig Meinungs- und Redefreiheit bewahren können.
Russische Trolle und Geheimdienste nehmen via Facebook Einfluss auf die amerikanischen Präsidentschaftswahlen.

Über das Unternehmen Cambridge Analytica besorgten sich rechtsradikale Financiers wie der US-Milliardär Robert Mercer und der Populist Steve Bannon die persönlichen Daten von Millionen von Facebook-Nutzern.

Amerikanische Hassseiten wie «Infowars» verbreiten ungestört ihre antisemitische Propaganda.
Und jetzt wird Facebook auch noch für Lynchmorde und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Indien, Sri Lanka und Myanmar verantwortlich gemacht.

Facebook hätte gewarnt sein müssen

Am 25. Februar 2018 schrieb der singhalesische Buddhist Ajith Kumarasiri auf Facebook, in muslimischen Restaurants im sri-lankischen Ort Ampara würden Sterilisationspillen vorsätzlich ins Essen buddhistischer Kunden gemischt.

Nur wenige Tage später hatten wütende Singhalesen die ersten Muslime getötet und ihre Restaurants niedergebrannt. Es dauerte Monate, bis Facebook India überhaupt bereit war, auf die Hilferufe der sri-lankischen Behörden zu reagieren.

Dabei hätte Facebook gewarnt sein müssen! Anderthalb Jahre zuvor hatten buddhistische Extremisten in Myanmar den Hass gegen die muslimische Minderheit der Rohingya über Facebook angefeuert. Eine Million Menschen flohen nach Bangladesch.

Die Gefahr der «Mobokratie»

In Indien gibt es 200 Millionen Facebook-User – mehr als in jedem anderen Land und für viele die einzige Informationsquelle. Über die Social-Media-Plattform organisieren empörte Bürger Lynchorgien gegen angebliche Kinderschänder und muslimische Rinderschlächter. Mit Toten, Verletzten und neuen Hassern auf beiden Seiten. Indiens oberster Richter Dipak Misra warnte erst dieser Tage vor der Gefahr einer «Mobokratie».

Auch westliche Demokratien sind gegen das schleichende Gift der Sozialen Medien nicht immun. Rigoros wird auf Facebook jede nackte weibliche Brust zensiert. Rechtspopulistische und rechtsextreme Inhalte haben es leichter: Viele frei erfundene Fake News und rassistische und hetzerische Gedanken werden ungestraft in geschlossenen Chaträumen unter Gleichgesinnten ausgetauscht: Wo kein Kläger, weiss die Jurisprudenz, da kein Richter.

Passiert ist bislang nichts

Wohin das führt, zeigen die Online-Kommentarspalten führender deutscher Zeitungen. Dort ist innert eines Jahrzehnts der Anteil antisemitischer Hassreaktionen von unter acht auf über 30 Prozent explodiert.
Mark Zuckerberg wurde in den vergangenen Monaten vor den US-Senat und das Europaparlament zitiert. Jedes Mal gab sich der Multimilliardär zerknirscht und gelobte Besserung im Kampf gegen Fake News und Hassmeldungen.

Doch passiert ist bislang wenig. Denn längst hat Zuckerberg die Kontrolle über seine Algorithmen verloren. Und einiges will er sowieso nicht ändern.

Antisemitische Hetze und sogar das Leugnen des Holocausts sollen auch weiterhin auf Facebook erlaubt sein, sagte er erst dieser Tage im Interview. Man müsse sich einfach damit abfinden, dass «es viele Menschen gibt, die Fakten und Ereignisse falsch sehen».

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