Er ist einer der bedeutendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte – doch heute scheint Helmut Kohl (84) ein verbitterter, alter Mann zu sein.
Das zumindest geht aus Aussagen hervor, die der Altkanzler in den Jahren 2001 und 2002 gegenüber seinem Biografen Heribert Schwan gemacht hat.
In den Gesprächen, von denen der «Spiegel» jetzt Auszüge veröffentlicht hat, rechnet Kohl mit allem und jedem ab – und macht auch vor politischen Weggefährten und Parteifreunden nicht Halt.
«Sie lungerte rum»
So sagte Kohl rund drei Jahre nach seiner Abwahl über die damalige CDU-Chefin und jetzige Bundeskanzlerin: «Frau Merkel konnte ja nicht richtig mit Messer und Gabel essen. Sie lungerte bei den Staatsessen herum, sodass ich sie mehrmals zur Ordnung rufen musste.»
Für den Altkanzler, so schreibt der «Spiegel» weiter, sei Merkel eine Frau gewesen, die er erst aus dem Meer der namenlosen Nachwuchspolitiker habe fischen müssen – und die sich dann zum Dank in den dunklen Stunden der Spendenaffäre von ihm abgewandt habe.
Besonders kritisch habe er ihre Europapolitik gesehen. «Merkel hat keine Ahnung», sagte Kohl.
«Ein ganz grosser Verräter»
In den Interviews mit Schwan, die diesem als Basis für eine diese Woche erscheinende Biografie dienten, soll Kohl neben Merkel auch über andere hochrangige CDU-Politiker abgelästert haben.
Norbert Blüm, den langjährigen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, bezeichnete er demnach als «Verräter». Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist für Kohl sogar «ein ganz grosser Verräter – und gleichzeitig auch eine Null».
Und den Rollstuhl, in dem der jetzige Finanzminister Wolfgang Schäuble seit einem Attentat sitzt, nannte Kohl verächtlich «das Wägelchen». (bau)