Hätte ein besseres Warnsystem zahlreiche Menschen auf der indonesischen Insel Sulawesi retten können? Nachdem zwei schwere Erdbeben der Stärke 5,9 und 7,5 die Insel am Freitag erschüttert hatten, kam es danach zu einem bis zu sechs Meter hohen Tsunami (BLICK berichtete).
Nach der jüngsten Zwischenbilanz der nationalen Katastrophenschutzbehörde kamen bei der Serie von Erdbeben und der folgenden Flutwelle mindestens 844 Menschen ums Leben. Dabei handelt es sich nach Angaben von Behördensprecher Sutopo Nugroho nur um Todesopfer, die bereits identifiziert wurden. In Berichten indonesischer Zeitungen war aber bereits von mehr als 1200 Toten die Rede. Mindestens 90 Menschen werden nach offiziellen Angaben noch vermisst.
Wie die Nachrichtenagentur AP schreibt, steckt ein neues Tsunami-Frühwarnsystem seit Jahren in der Testphase fest. Das Hightech-System, eine Kombination aus Meeresbodensensoren, datenbeladenen Schallwellen und Glasfaserkabeln, sollte ein System ersetzen, das nach der verheerenden Katastrophe von 2004 aufgebaut wurde. Am zweiten Weihnachtstag 2004 hatte ein Erdbeben vor der Küste der Insel Sumatra einen Tsunami ausgelöst, in dessen Folge in den östlichen Anrainerstaaten des Indischen Ozeans rund 230'000 Menschen starben.
66'000 Schweizer Franken fehlen für das Hightech-System
Doch das neue Warnsystem ist bis jetzt nicht zum Einsatz gekommen. Offenbar sorgte das Ringen zwischen den Behörden und die Verzögerungen bei der Beschaffung von nur 1 Milliarde Rupien (66'000 Schweizer Franken) für den Abschluss des Projekts dafür, dass das System nicht über einen Prototyp hinausgekommen ist. Das Testprojekt wurde für drei Millionen US-Dollar von der U.S. National Science Foundation entwickelt.
Louise Comfort, Expertin für Katastrophenmanagement der Universität Pittsburgh, ist erschüttert: «Dies ist für mich eine Tragödie für die Wissenschaft, aber noch mehr eine Tragödie für das indonesische Volk.» Comfort hat die US-Seite des Projekts geleitet, an dem neben US-Ingenieuren auch indonesische Wissenschaftler und Katastrophenexperten beteiligt sind. «Es tut weh, wenn es ein gut durchdachtes Sensornetzwerk gäbe, das kritische Informationen liefern könnte», sagt sie.
International finanzierte Bojen funktionieren nicht
Die Katastrophe vom vergangenen Freitag, die bis jetzt laut lokalen Medien über 1200 Todesopfer forderte, zeigt auf tragische Weise die Schwächen des aktuellen Warnsystems auf. Das Netzwerk von 22 Bojen, die mit Meeresbodensensoren verbunden sind und Hunderttausende von Dollar kosteten, funktioniert unterdessen nicht mehr – wegen Vandalismus, Diebstahl oder mangelnder Wartung. Das Rückgrat des indonesischen Tsunami-Warnsystems ist heute ein Netzwerk von 134 Gezeitenstationen, ergänzt durch landseitige Seismographen, Sirenen an etwa 55 Orten und ein System zur Verbreitung von Warnungen per SMS.
Doch am Strand in Palu beispielsweise wurden viele Bewohner vom Tsunami überrascht. Dort sollte am Abend ein Festival stattfinden. Katastrophenschutz-Sprecher Sutopo Nugroho bestätigte: «Es gab keinen Alarm. Viele Menschen waren sich der Gefahr nicht bewusst.»
Das nationale Zentrum für Meteorologie und Geophysik hatte nach dem schlimmsten Beben der Stärke 7,4 am Freitagabend zwar eine Tsunami-Warnung ausgegeben, sie aber nach nur einer halben Stunde wieder aufgehoben – aus Sicht von Kritikern viel zu früh. Die Behörde verteidigte sich mit dem Hinweis, dass das Wasser in diesem Moment schon wieder auf dem Rückzug gewesen sei.
Neues System wäre genauer und schneller
Für Comfort ist klar: «Die Behörde für Meteorologie und Geophysik hat die Tsunami-Warnung zu früh abgebrochen, da es keine Daten von Palu hatte. Das sind die Daten, die das Tsunami-Detektionssystem liefern könnte.»
Adam Switzer, ein Tsunami-Experte am Earth Observatory of Singapore, sagt gegenüber der AP: «Die Tsunami-Modelle, die wir jetzt haben, sind zu einfach.» Sie würden nicht mehrere Ereignisse berücksichtigen, mehrere Beben innerhalb eines kurzen Zeitraums wie am Freitag auf Sulawesi.
Das neue Hightech-System könnte Warnungen zudem massiv schneller herausgeben. Für Padang beispielsweise, einer Stadt auf der indonesischen Insel Sumatra, die extrem anfällig für Tsunamis ist, könnte das System innerhalb von 1 bis 3 Minuten zuverlässige Informationen über eine Tsunami-Bedrohung liefern. Im Vergleich dazu dauert es heute zwischen 5 und 45 Minuten, bis die Gezeitenmessgeräte eine Warnung herausgeben.
Noch fehlen wenige Kilometer Glasfaserkabel, um das Projekt zu vervollständigen. Doch die beteiligten Behörden konnten sich im September nicht auf ihre Aufgaben einigen. «Und das Projekt wurde einfach auf Eis gelegt», sagt Comfort. (sga)
Das schwere Erdbeben auf der indonesischen Insel Sulawesi hat die Mauern eines Gefängnisses in der Stadt Palu zum Einsturz gebracht. Mehrere hundert Häftlinge hätten daraufhin die Gelegenheit genutzt und seien geflohen, berichteten örtliche Medien am Samstag.
In der Haftanstalt sassen 560 Menschen ein. Mehr als die Hälfte sei entkommen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Antara den Chef der Gefängniswärter, Adhi Yan Ricoh. Bei dem Beben und dem davon ausgelösten Tsunami vom Freitag starben nach bisherigen Erkenntnissen mehr als 380 Menschen.
Die Wärter hätten die Häftlinge nicht aufhalten können, weil diese in der Überzahl gewesen seien, sagte Adhi weiter. «Zudem mussten sich die Wärter selbst in Sicherheit bringen.» Die Behörden haben seinen Worten zufolge bisher nicht versucht, Geflohene aufzuspüren. Sie seien mit den Rettungsarbeiten nach dem Erdbeben vom Freitag und dem dadurch ausgelösten Tsunami beschäftigt, sagte Adhi. (SDA)
Das schwere Erdbeben auf der indonesischen Insel Sulawesi hat die Mauern eines Gefängnisses in der Stadt Palu zum Einsturz gebracht. Mehrere hundert Häftlinge hätten daraufhin die Gelegenheit genutzt und seien geflohen, berichteten örtliche Medien am Samstag.
In der Haftanstalt sassen 560 Menschen ein. Mehr als die Hälfte sei entkommen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Antara den Chef der Gefängniswärter, Adhi Yan Ricoh. Bei dem Beben und dem davon ausgelösten Tsunami vom Freitag starben nach bisherigen Erkenntnissen mehr als 380 Menschen.
Die Wärter hätten die Häftlinge nicht aufhalten können, weil diese in der Überzahl gewesen seien, sagte Adhi weiter. «Zudem mussten sich die Wärter selbst in Sicherheit bringen.» Die Behörden haben seinen Worten zufolge bisher nicht versucht, Geflohene aufzuspüren. Sie seien mit den Rettungsarbeiten nach dem Erdbeben vom Freitag und dem dadurch ausgelösten Tsunami beschäftigt, sagte Adhi. (SDA)