Zehn Tage lang bebt und wippt ganz Rio de Janeiro. In der Nacht zum Montag rollten rund 100 farbenprächtige Umzugswagen und tanzten bis zu 5000 Menschen im Tross durch die Stadt am Zuckerhut. Ihr Ziel: Das Sambodromo, wo die beste Sambaschule prämiert wird. Die Botschaft aller Teilnehmer: «Wir lassen uns die Party nicht vermiesen!»
Denn Grund zum Feiern gibt es in Brasilien immer weniger. Die Korruption grassiert. Die Arbeitslosigkeit treibt Menschen in die Armut. Jetzt will der neue Bürgermeister von Rio den 13 grossen Sambaschulen auch noch die öffentlichen Mittel kürzen. Der frühere Pfarrer Marcelo Crivella (59) gilt als erzkonservativ, rassistisch, homophob und definitiv als Spassbremse.
Noch nie war der Karneval politisch so bissig
Fast trotzig zeigt Rio de Janeiro, dass der Karneval mehr ist als nur eine Party. Ganz besonders in diesem Jahr. Noch nie zuvor war das Fest politisch so bissig wie 2018. Zwischen all dem Prunk – oft in den Nationalfarben Grün und Gelb – tauchen Karikaturen auf, die vor allem den ehemaligen, korrupten Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva und Spielverderber Crivella durch den Kakao ziehen. Darunter ein gigantischer Plastikhintern mit dem Namenszug des neuen Bürgermeisters.
Applaus ist den Sambaschulen sicher. Auch in diesem Jahr erwartet der grösste Strassenkarneval der Welt rund 6,5 Millionen Besucher. Allein 1,5 Millionen sind Touristen. Weder Crivella noch Staatspräsident Michel Temer (77) fiebern mit den Sambaschulen im Stadion mit. Ihnen wird nicht nur der Hüftschwung zu heiss. Die Staatsanwaltschaft wirft Temer vor, eine kriminelle Organisation zu leiten. Ihm droht gar die Amtsenthebung.