Möpse, Titten, Hupen, Töpfe oder Zitzen – für die weibliche Brust gibt es unzählige Synonyme. Je nach Form, Grösse, Wirkungskraft der Erdanziehung und entsprechendem Angetansein des Betrachters sind sie mehr oder halt eben weniger schmeichelhaft.
«Beutel und Tüten. Alles, was hohl klingt», will Annika Line Trost (seit heute 38) nicht hören. Und die Berlinerin hört viel über ihre Brüste und noch mehr über die dazugehörigen Zahlen und Buchstaben, die sie definieren: 75F.
Ihr Busen ist so ein grosses Thema, dass sie ihren neu erschienenen Erstling «75F – ein Buch über wahre Grösse» nennt. Es erzählt vom Erwachsenwerden und vom Frausein und hört sich ein bisschen nach autobiografischer Schicksalsstory an. Doch Trost ist durchaus bereit, aus ihrem Körper Kapital zu schlagen.
OP kommt nicht infrage
Denn von ihren Brüsten gebeutelt fühlt sich die 38-Jährige nicht, hat sich auch nie überlegt, ihre Oberweite verkleinern zu lassen. «Das ist eine blutrünstige Sache, die Brustwarzen werden rausgeschnitten, alles muss neu zusammengenäht werden. Ich habe nicht eingesehen, dass etwas, das zu mir gehört, weg soll, nur weil es gross ist», sagt Trost im Interview mit «Spiegel Online». Mittlerweile ist ihr die Natur zur Hilfe gekommen, nachdem sie zwei Söhne an ihrem Busen nährte, ist dieser etwas kleiner geworden. Davor waren ihre «Monstertitten» so gross «wie zwei Honigmelonen und so schwer wie vier Hefeweizen.»
Männer «grunzen, johlen, brummen und zischen» ob ihrer grossen Oberweite, Frauen «lachen irritiert und fangen an, laut zu tuscheln, dass das ja schon nicht mehr schön sei», sagt Trost. Sie hat mit glotzenden Menschen in der U-Bahn zu kämpfen oder muss sich damit abfinden, dass die Gespräche verstummen, wenn sie ein Restaurant betritt und «alles in Richtung Ausschnitt» schweigt.
Den Busen mit Kleidern, die ein paar Nummern zu gross sind, wegzumogeln, funktioniert allerdings auch nicht. «Das ist eine Zwickmühle, denn man sieht darin aus wie schwanger: einfach nur dick.» Stattdessen betont sie lieber ihre schmaleren Partien wie die Taille und trägt gerne schwarz, weil das «cool» ist und «nicht aufträgt». Das Problem: «Das wurde bei mir oft in Richtung Domina interpretiert.»
«Ein Ball ist interessanter als zwei»
Eine Sklavin ihrer Brüste ist Trost aber nicht. Im Alltag hat sie sich verschiedene Taktiken zurechtgelegt, und auch für Rendezvous hatte sie zu Single-Zeiten eine Strategie parat – sie verabredete sich in Fussballkneipen. «Ein Ball ist immer interessanter als zwei», sagt sie «Spiegel Online». «Ich wusste, dass die Augen der anderen Gäste am Fernseher kleben würden und wir ungestört sein konnten.»
Auch ihren Arbeitsplatz als Türsteherin wählte die Berlinerin damals aus Kalkül. «Das war ein Hip-Hop-Club, die Rapper fuhren auf Hintern ab. Brüste waren für die ein anderer Code, sie standen für Mütterlichkeit. Die harten Jungs haben sich an meiner Schulter ausgeheult.» Bequem wars bestimmt.
Bereits 1998 gründete Trost mit einer Freundin das Elektro-Punk-Duo «Cobra Killer». Auf der Bühne überschütten sich die Sängerinnen gerne gegenseitig mit Rotwein. Vielleicht, weil Trost merkte, dass ihre Brüste das Tanzen respektive das Pogen nicht mitmachen wollten. «Das war unkontrollierte kinetische Schwungmasse. Aus Pogo wurde Gogo.»
Zu gross für Sport
Auch die meisten anderen schweisstreibenden Beschäftigungen sind für das Busenwunder tabu. Sport macht sie kaum, verpasst den Bus «aus Prinzip». «Ich müsste meine Brüste sonst beim Rennen mit beiden Händen festhalten.» Mit Joggen habe sie deshalb schon aufgehört, als ihr Busen zu wachsen begonnen hatte – und die Pubertät kam früh.
«Ich hatte eine Zahnspange, eine Brille und Einlagen für die Schuhe. Mit zehn Jahren hat mir der Kinderarzt dann auch noch einen BH verordnet. Der Busen wuchs so schnell, er musste gestützt werden. Ich brauchte jeden Morgen eine Dreiviertelstunde, um das Teil anzuziehen, weil ich mich immer verheddert habe. Das reinste Folterinstrument.»
Dass sie ihre Gene keiner Tochter vererbt hat, dürfte Annika Line Trost also glücklich machen. Worüber stattdessen wohl ihre Söhne Bücher schreiben werden? (lex)