Es gelte, die drei grossen Versprechen der Europäischen Union von Demokratie, Fortschritt und Frieden neu zu verankern, sagte Macron am Mittwoch im Europaparlament in Strassburg. Dazu müsse die Rechtsstaatlichkeit als Grundsatz in der EU verteidigt werden, ansonsten drohe die Rückkehr zu einer Willkür-Herrschaft.
Als aktuelle Herausforderungen benannte Macron den Klimawandel, die Digitalisierung sowie die Frage von Sicherheit und Frieden in Europa. Die EU müsse nicht bloss auf Krisen reagieren, sondern vorausschauend handeln und seine Zukunft nicht von Entscheidungen anderer Länder abhängig machen.
Frankreich hatte am 1. Januar den alle sechs Monate wechselnden Vorsitz im EU-Ministerrat übernommen und seine Ratspräsidentschaft unter das Motto Durchstart, Kraft und Partnerschaft gestellt.
Angesichts der drohenden Eskalation im Ukraine-Konflikt forderte Macron eine neue europäische Sicherheits- und Stabilitätsordnung. Ein Vorschlag dazu müsse in den kommenden Wochen von den Europäern erarbeitet und anschliessend mit den Nato-Partnern geteilt werden. Anschliessend müsse der Vorschlag Russland für Verhandlungen vorgelegt werden.
Der Dialog mit Russland bleibe essenziell. «Wir werden mit Deutschland im Rahmen des Normandie-Formats weiter eine politische Lösung im Ukraine-Konflikt suchen», betonte Macron. Die Unverletzbarkeit der Grenzen, die freie Bündniswahl, der Verzicht auf Gewalt - all das seien Prinzipien, auf die Europa und Russland sich vor vielen Jahren geeinigt hätten. «Es ist an uns Europäern, diese Prinzipien und inhärenten Rechte der Souveränität der Staaten zu verteidigen», sagte Macron.
In seiner Grundsatzrede betonte der französische Staatschef, er wolle den Umweltschutz und das Recht auf Abtreibung in die europäische Grundrechtecharta aufnehmen. «Ich möchte, dass wir diese Charta aktualisieren, um expliziter auf den Schutz der Umwelt und die Anerkennung des Rechts auf Abtreibung einzugehen», sagte Macron.
Es gehe darum, die Menschen wieder neu vom Wert des Rechtsstaats und der Demokratie in der Europäischen Union zu überzeugen. «Zu diesem Zweck möchte ich unsere Werte als Europäer stärken, die unsere Einheit, unseren Stolz und unsere Stärke begründen», sagte Macron. Die Rechtsstaatlichkeit sei keine Erfindung von Brüssel über die alleine Brüssel verfüge, sondern ein gemeinsamer Schatz.
Die Grundrechtecharta der EU wurde 2000 unterzeichnet und ist seit Dezember 2009 rechtsverbindlich - das heisst, EU-Bürger können auf dieser Basis ihre Grundrechte einklagen. Der Text fasst alle bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte der europäischen Bürger zusammen.
Macron kündigte ausserdem an, sich auf EU-Ebene für eine Frauenquote in Unternehmensvorständen einzusetzen. Frankreich werde im Rahmen seines EU-Ratsvorsitzes starke Schritte unternehmen, um die Einkommens-Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen zu reduzieren und um gegen jede Form der Diskriminierung vorzugehen. Daneben werde man sich für einen europäischen Mindestlohn und mehr Rechte für Angestellte von digitalen Plattformen einsetzen.
(SDA)