Die deutschen Sozialdemokraten haben eine schicksalhafte Entscheidung getroffen: Bei der Wahl ums Präsidium hat die Parteibasis der SPD ein Duo vom linken Rand an die Spitze gehievt. Der frühere nordrhein-westfälische Finanzminister und Schweiz-Schreck Norbert Walter-Borjans (67) und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken (58) liessen mit einem Anteil von 53 Prozent der Stimmen das Konkurrenz-Duo aus Vizekanzler Olaf Scholz (61) und der brandenburgischen Politikerin Klara Geywitz (43) hinter sich.
Eine Überraschung! Man hatte mit dem Sieg des gemässigten Duos Scholz/Geywitz gerechnet.
Vor dem Bruch
Der Linksdrall der ältesten deutschen Partei erschüttert die Bundesrepublik in ihren Grundfesten. Die Grosse Koalition aus CDU/CSU und SPD, die zurzeit das Land regiert, steht vor dem Bruch. Das neue Führungsduo der SPD hat nämlich angekündigt, dass es den bisher eingeschlagenen Kurs der Regierung nicht weitertragen werde.
So verlangen Esken und Walter-Borjans weitere Milliarden für die Klimapolitik, einen deutlich höheren CO2-Preis von 40 statt 10 Euro, höhere Steuern für Reiche sowie einen Mindestlohn von 12 Euro. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (57) hat bereits angekündigt, dass sie bei Neuverhandlungen des Koalitionsvertrags nicht mitziehen werde.
Für den FDP-Vize-Fraktionschef Michael Theurer (52) steht daher laut «Bild»-Zeitung fest: «Deutschland steht vor Neuwahlen oder einer Minderheitsregierung.»
Grüne hoffen auf Neuwahlen
Diese vier Optionen sind nun möglich:
- Die Grosse Koalition bleibt bestehen, was Experten aber für unwahrscheinlich halten.
- Die Grosse Koalition bricht auseinander. Die CDU-Kanzlerin Angela Merkel (65) bildet eine Minderheitsregierung, etwa mit den Grünen.
- Die Grosse Koalition bricht auseinander. Merkel bildet eine neue Mehrheitskoalition mit den Grünen und der FDP.
- Es kommt zu Neuwahlen. Das wäre den Grünen am liebsten, da sie wohl stark zulegen und so möglicherweise sogar ums Kanzleramt kämpfen könnten.
Es gibt innerhalb der SPD Politiker, die beim Linkskurs auf die Bremse stehen und an die Vernunft appellieren. Arbeitsminister Hubertus Heil (47) kündigte an, am Parteitag vom kommenden Wochenende, an dem das Wahlresultat noch bestätigt werden muss, für das Vizepräsidium zu kandidieren. Heil: «Jetzt gilt es, die Partei zusammenzuhalten. Die SPD hat Verantwortung für unser Land.»
Schweizer Politiker beunruhigt
An Walter-Borjans hat die Schweiz schlechte Erinnerungen. Er war es, der dem Bankgeheimnis durch den Kauf von CDs mit gestohlenen Steuerdaten den Todesstoss versetzte.
SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (54) sagt zu BLICK: «Walter-Borjans hat bewiesen, wie wenig ihm an einem guten Verhältnis zur Schweiz liegt. Bleibt bloss zu hoffen, dass er kein wichtiges Amt übernimmt.»