Nach Gift-Anschlag auf Ex-Spion
Putin wirft 23 britische Diplomaten raus

Russland weist im Streit mit Grossbritannien 23 britische Diplomaten aus. Das teilte das Aussenministerium am Samstag in Moskau mit. Hintergrund ist der Giftanschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter in England.
Publiziert: 17.03.2018 um 09:24 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:50 Uhr
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Sergej Skripal ist nicht mehr im kritischen Zustand, wie seine Ärzte am Freitag mitteilten.
Foto: EPA

Überdies muss die britische Kultur- und Bildungsorganisation British Council in Russland ihre Arbeit einstellen, das britische Konsulat in St. Petersburg wird geschlossen. Vor der Ankündigung des russischen Aussenministeriums war der britische Botschafter Laurie Bristow zum zweiten Mal in dieser Woche einbestellt worden. 

Das russische Aussenministerium nannte die Sanktionen eine Antwort auf Grossbritanniens «provokatives Handeln» und «gegenstandslose Anschuldigungen» im Fall Skripal und drohte mit zusätzlichen «Massnahmen» als Reaktion auf «weitere unfreundliche Aktionen» Londons.

«Die Massnahmen sind hart, aber die Briten haben sie verdient», sagte der Vize-Chef des Auswärtigen Ausschusses im russischen Senat, Wladimir Dschabarow, der Nachrichtenagentur Interfax. «Und ich schliesse nicht aus, dass noch etwas anderes folgen könnte.»

«Keine andere Erklärung, als dass der russische Staat verantwortlich ist»

Die Ausweisung der britischen Diplomaten ändere «nichts an den Tatsachen - dem versuchten Mord an zwei Menschen auf britischem Boden», sagte die britische Premierministerin Theresa May am Samstag vor Parteianhängern. Für die Tat gebe es «keine andere Erklärung, als dass der russische Staat verantwortlich ist».

Skripal und seine Tochter waren am 4. März in der südenglischen Stadt Salisbury mit Nervengas vergiftet worden, sie schweben weiterhin in Lebensgefahr. (Blick berichtete) Grossbritannien wie auch Deutschland, Frankreich und die USA machen Russland für die Tat verantwortlich. Russland weist die Vorwürfe zurück.

London verfügte vor wenigen Tagen wegen des Falls die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten. May deutete überdies weitere Strafmassnahmen an und erwähnte in diesem Zusammenhang die Nato und den Uno-Sicherheitsrat.

Am Freitag hatte der britische Aussenminister Boris Johnson Russlands Staatschef Wladimir Putin persönlich für den Giftanschlag von Salisbury verantwortlich gemacht. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nannte die Äusserungen Johnsons «schockierend und unverzeihlich».

Putin äusserte sich bisher nicht direkt zum Fall

Putin selbst, der sich am Sonntag für eine vierte Amtszeit als Präsident wiederwählen lassen will, äusserte sich bislang nicht direkt zu dem Fall. In einem Kommentar an einen BBC-Reporter sagte er vor einigen Tagen lediglich, Grossbritannien sollte die «Dinge» zunächst selbst regeln, bevor Moskau mit London spreche.

Den britischen Behörden zufolge wurden die Skripals mit einem sogenannten Nowitschok-Präparat vergiftet, welches das sowjetische Militär in den 1970er und 1980er Jahren entwickelt hatte. Die britische Regierung hat bislang öffentlich keine Beweise für eine russische Täterschaft vorgelegt.

Russland fordert eine Probe des Nervengifts, um selbst der Herkunft nachgehen zu können. Zudem wurde ein eigenes Ermittlungsverfahren eröffnet, das dem Fall von Julia Skripal nachgehen soll. Sie ist russische Staatsbürgerin. Die russischen Behörden erklärte, sie seien zur Zusammenarbeit mit Grossbritannien bereit.

Die britische Regierung will derweil 14 Todesfälle neu untersuchen lassen, nachdem in einem Medienbericht darüber spekuliert worden war, dass diese auf das Konto Moskaus oder der russischen Mafia gehen könnten. 

Am Freitag waren Mordermittlungen zum mysteriösen Tod des russischen Geschäftsmanns Nikolai Gluschkow eingeleitet worden. Gluschkow wurde am 12. März tot aufgefunden, laut Autopsiebericht starb er durch «Druck auf den Nacken». Hinweise auf eine Verbindung zum Giftanschlag auf Skripal gibt es bislang aber offenbar nicht.

Die BBC berichtete am Samstag, die Polizei habe Kontakt zu in Grossbritannien lebenden Russen aufgenommen, um über ihre Sicherheit zu sprechen. (SDA)

Was ist Nowitschok?

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

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