Noch am Abend kam der griechische Regierungschef Alexis Tsipras mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel zu einem Krisentreffen zusammen. Viel Zeit bleibt Athen angesichts leerer Kassen nicht mehr. Ohne weitere Hilfen könnte Griechenland in wenigen Tagen zahlungsunfähig sein.
Bei dem als privat bezeichneten Treffen im Brüsseler Europaviertel ging es um die Verhandlungen Griechenlands mit seinen internationalen Geldgebern. Das pleitebedrohte Land hatte im Tauziehen um weitere dringend benötigte Milliardenhilfen einen Reformplan vorgelegt.
Eine endgültige Vereinbarung über das von den Geldgebern geforderte Reformpaket wurde bei dem Treffen nicht erwartet. «Es wird nicht verhandelt werden. Es geht um eine Bestandsaufnahme», sagte Junckers Sprecher.
Vor dem Gespräch mit Juncker hatte Tsipras von Brüssel aus mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten François Hollande telefoniert. Sie hätten darin übereingestimmt, dass Athen künftig in seinem Staatsbudget nur niedrige «primäre Überschüsse» (ohne Zinszahlungen für Staatsschulden) erwirtschaften müsse, hiess es aus Athen. Dies war eine der Forderungen Griechenlands.
Juncker traf vor der Unterredung mit Tsipras mit Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem zusammen. «Wir haben noch eine Menge Arbeit zu erledigen», sagte er.
Bei der Zusammenkunft Tsipras-Juncker sollte es auch darum gehen, die im Juni fälligen Kreditraten von insgesamt fast 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zusammenzufassen und sie erst am Monatsende von Athen zu fordern. Eine andere Möglichkeit sei eine Verlängerung des Ende Juni endenden Hilfsprogramms über den Sommer hinweg.
Die erste Zahlung an den IWF in Höhe von 305 Millionen Euro steht bereits am Freitag an. Athen muss zusätzlich bis Monatsende fällige Staatsanleihen von gut 5 Milliarden Euro bedienen.
Tsipras betonte vor seinem Abflug nach Brüssel, Griechenland habe einen Reformplan vorgelegt, der einen für alle Seiten «ehrenhaften Kompromiss» ermögliche. Auch die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der IWF haben sich auf ein gemeinsames Angebot an Athen verständigt. Beide Vorschläge sollen nun abgeglichen werden.
Deutschland und Frankreich suchen nach Angaben Merkels mit Hochdruck nach einer Lösung der Griechenland-Krise. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble beurteilt den Kompromissvorschlag Athens allerdings skeptisch. Er könne den Optimismus der griechischen Regierung nach wie vor nicht teilen, sagte er in Berlin.
Die EZB geht fest von einem Verbleib Griechenlands im Euroraum aus. «Es gibt einen grossen Willen und eine starke Entschlossenheit, dass wir am Ende ein gutes Ergebnis finden», sagte Notenbank-Präsident Mario Draghi in Frankfurt.
In der Nacht zum Dienstag hatten Merkel und Hollande mit Juncker und IWF-Chefin Christine Lagarde sowie Draghi in Berlin einen Kompromiss ausgelotet. Details ihres «allerletzten Angebots» wurden nicht genannt.
Nach Medienberichten gibt es Bewegung auf beiden Seiten, namentlich bei der Kürzung der griechischen Renten. Tsipras soll nach griechischen Medienberichten bereits ein ganzes Stück von seinen Wahlversprechen abgerückt sein. Unter anderem lehne er Privatisierungen nicht mehr ab. Eine umstrittene Immobiliensteuer solle bleiben. Zudem soll es eine Mehrwertsteuerreform mit mehr als einer Milliarde Euro Mehrbelastungen für die Bürger geben.