Mit seinem Rücktritt verfolgt Alexis Tsipras letztendlich nur ein Ziel: Er will seine Parteirebellen loswerden. Und zwar bald!
Lange war spekuliert worden, Tsipras werde zunächst die Vertrauensfrage stellen. In einem letzten Treffen mit engen Beratern entschied er sich aber für den Rücktritt. Als Neuwahltermin wolle Tsipras den 20. September vorschlagen, berichtete die halbamtliche Nachrichtenagentur Ana unter Berufung auf Regierungskreise.
«Das Volk soll von Neuem entscheiden»
«Ich werde in Kürze den Präsidenten treffen und ihm meinen Rücktritt und den meiner Regierung überreichen», sagte er in einer Fernsehansprache. Er werde dann dem griechischen Volk Rechenschaft ablegen, was er seit seinem Regierungsantritt im Januar geleistet habe - «dann sollen sie von Neuem entscheiden».
Eine dauerhafte Fortführung seiner Links-rechts-Koalition war für Tsipras durch den Verlust seiner eigenen Mehrheit bei der Parlamentsabstimmung über die Programmauflagen am vergangenen Freitag unmöglich geworden: 43 der 149 Syriza-Abgeordneten hatten ihm aus Protest gegen den Sparkurs die Gefolgschaft verweigert.
Lässt Tsipras seine Gegner von den Wahllisten streichen?
Für das grüne Licht für die Reform- und Sparmassnahmen war Tsipras auf die Stimmen der Oppositionsparteien angewiesen. Sie wollten ihm bei weiteren Abstimmungen aber nicht länger zur Mehrheit verhelfen.
Bei der Neuwahl könnte Tsipras seine innerparteilichen Widersacher von den Listen streichen lassen und die Rebellion des linken Flügels ersticken. Auch eine Spaltung der Partei nur acht Monate nach ihrem fulminanten Wahlsieg bei der letzten Parlamentswahl scheint möglich.
Juncker begrüsst die Neuwahlen in Griechenland
Das würde das verbleibende Syriza-Bündnis zwar Stimmen kosten. Allerdings ist die Popularität des Regierungschefs im Land hoch - trotz seines dramatischen Kurswechsels vom Spargegner zum Reformverfechter, der das neue Hilfsprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro in letzter Minute ermöglichte.
In einer ersten Reaktion aus dem Büro von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hiess es optimistisch, die baldige Neuwahl «könnte zu einer breiteren Unterstützung für das Programm des Rettungsfonds ESM führen».
Talfahrt der Börsen nach Rücktritt
Die Börsen reagierten skeptischer auf erste Medienberichte über den Schritt: In Athen rauschten die Kurse um 3,5 Prozent nach unten, in Frankfurt und Paris um je zwei Prozent.
Dabei waren nach den dramatischen zurückliegenden Wochen und Monaten, in denen Athen kurz vor dem Euro-Aus stand, am Donnerstag die ersten Milliarden aus dem neuen Hilfspaket eingegangen.
Mit einem Teil des Geldes beglich die Regierung umgehend Schulden bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Höhe von 3,4 Milliarden Euro und zahlte einen Überbrückungskredit an die EU zurück. Das Geld soll auch reichen, um die nächste Kreditrate beim Internationalen Währungsfonds IWF im September zu begleichen.
Eurozone gab Tranche von 26 Milliarden frei
Die Eurozone hatte am Mittwochabend eine Tranche von insgesamt 26 Milliarden Euro freigegeben. Zehn Milliarden Euro davon gehen an die kriselnden Banken, damit die Kapitalverkehrskontrollen bald wieder aufgehoben werden können.
Weitere 13 Milliarden Euro seien «sofort» an Griechenland überwiesen worden, teilte ESM-Chef Klaus Regling mit. Drei Milliarden Euro sollen demnach «spätestens bis Ende November» folgen - entsprechend der Reformfortschritte. (SDA)