Auf Facebook und Instagram ist das Familienglück perfekt. Der stolze Vater aus Gessano (I) postet sich und seine Zwillinge Elena* und Diego* (†12). Beim Bergsteigen, beim Skifahren, am See. Alle strahlen glücklich in die Linse des Smartphones. Das letzte Foto, das Mario B.* (†45) ins Netz stellt, kommentiert er mit den Worten «Für immer vereint mit meinen Kindern». Wenige Stunden später tötet er seine geliebten Zwillinge. Dann nimmt er sich selbst das Leben. Sein grausames Motiv: Seine Frau will sich von ihm trennen – also soll sie alles verlieren.
Der Freitag beginnt in Ferienlaune. Die Kinder sind mit dem Vater in der Zweitwohnung der Grosseltern in Margno im Sassinatal. Sie spielen ausgelassen im Garten. Mario B. ruft sie kurz nach 20 Uhr zum Abendessen. Während sich die Zwillinge schon auf die geplante Bergtour freuen, mischt ihr Vater ihnen heimlich ein Schlafmittel ins Essen. Dann trägt er die betäubten Kinder, beide noch in Söckchen und T-Shirt, in ihre Betten.
Vater stürzt sich nach Doppelmord von der Brücke
Mario B. deckt den Tisch ab, wäscht das Geschirr, macht Ordnung. Es ist drei Uhr morgens, als Mario B. sein adrettes Paradies verlässt und in die Hölle tritt. Er schleicht in die Zimmer, in denen Elena und Diego schlummern. Erst erdrosselt er seine Tochter, dann erstickt er seinen Sohn. Der Kindsmörder steigt in den roten Kia, fährt 22 Kilometer nach Maggio di Cremeno, hält an der Siegesbrücke. Er tippt eine letzte Message ins Handy – an seine Frau: «Du wirst die Kinder nie wiedersehen!» Dann springt Mario B. 100 Meter in die Tiefe.
Aufgeschreckt durch die Whatsapp-Nachricht steigt Daniela F.* (45) ins Auto und rast an den Comer See. Kaum in Margno angekommen, hetzt sie die Treppen hoch in den zweiten Stock. In den Schlafzimmern findet sie ihre bewegungslosen Kinder vor. Die Nachbarn werden später erzählen: «Wir hörten die Frau schreien.»
Erschreckende Parallelen zum Verschwinden der Schepp-Zwillinge
Die Gemeinde ist geschockt. «Sie waren ein ganz normale Familie», sagen Freunde aus Margno, «wir kannten alle gut, auch die Grosseltern. Wir haben gestern noch die Kinder im Hof lachen hören.» Besonders bestürzt ist Vincenzo Rizza. Der Nachbar hat die Wohnung darüber. «In der Nacht habe ich es poltern gehört. Dann hörte ich heute Morgen die Mutter schreien», erzählt Rizza italienischen Medien. Daniela habe immer wieder verzweifelt gerufen: «Die Kinder wachen nicht mehr auf!» Selbst die Sanitäter des Roten Kreuzes hätten geweint.
Das Familiendrama aus dem Sassinatal erinnert erschreckend an den Fall Matthias Schepp (†43). Der Schweizer Ingenieur entführt Ende Januar 2011 seine Zwillinge Alessia und Livia (†6). Auch der Basler ist vernarrt in seine Kinder. Auf der Flucht in den Süden lässt er seine geliebten kleinen Mädchen verschwinden. Bis heute weiss niemand, ob Alessia und Livia tot sind oder noch leben. Matthias Schepp schreibt Briefe an die Ehefrau, kündigt den Tod der Töchter und den Selbstmord an. Am 3. Februar wirft sich der Vater im süditalienischen Apulien vor einen fahrenden Zug. Das Wissen um den Verbleib seiner Töchter nimmt er mit ins Grab.
Motiv beider Wahnsinnstaten ist kalte Rache. Die Ehefrau, die es wagte, eine Scheidung zu wollen, soll alles verlieren, was sie liebt – die geliebten Kinder.
* Namen der Redaktion bekannt