Gleich trifft er Obama
Die Charme-Offensive des Wladimir Putin

Heute Abend treffen Wladimir Putin und Barack Obama aufeinander. Vorher lässt der russische Präsident seinen Charme spielen. Am syrischen Diktator Assad will er offensichtlich festhalten.
Publiziert: 28.09.2015 um 19:08 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:10 Uhr
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Putin wartet vor seiner Rede vor der Uno-Vollversammlung auf seinen Auftritt.
Foto: Keystone

Russland hält trotz aller Kritik aus dem Westen weiter am syrischen Diktator Baschar al-Assad fest. «Es ist ein grosser Fehler, die syrische Regierung und ihre Armee infrage zu stellen», sagte Präsident Wladimir Putin heute vor der UNO-Vollversammlung in New York. «Sie kämpfen wahrhaft gegen die Bedrohung durch islamistische Terroristen.»

Putin schlug erneut eine internationale Koalition im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat vor. Diese könne nach dem Modell der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg funktionieren. Es war die erste Rede Putins vor der UNO-Vollversammlung seit zehn Jahren.

Obama bietet Gespräche an

Nur eine Stunde zuvor hatte US-Präsident Barack Obama Russland und Iran Gespräche über die Syrien-Krise angeboten - aber nur unter der Bedingung, dass Assad am Ende einer Übergangsphase von einem anderen Staatschef abgelöst wird. Ein Mann, der Zehntausende Menschen seines eigenen Volkes getötet habe, dürfe nicht mehr an der Spitze einer Regierung stehen.

Putin verteidigte Assad als Kämpfer gegen islamistische Terroristen. Zugleich warf er dem Westen vor, für das Chaos in Libyen, dem Irak und auch in Syrien verantwortlich zu sein. Um 23 Uhr MEZ trifft der russische Präsident mit Obama zusammen.

Charme-Offensive im TV

Tags zuvor hatte Putin im US-Fernsehen zur Charme-Offensive angesetzt: Lässig und selbstbewusst trat auf «CBS» und «PBD» dem renommierten Journalisten Charlie Rose gegenüber. Putin hatte ihn wenige Tage zuvor in Moskau getroffen und das Gespräch aufzeichnen lassen – als Teil seines Schlachtplanes vor dem grossen Aufeinandertreffen mit US-Präsident Barack Obama heute Abend.

Zwar zeigte sich der russische Premier bei Fragen zur Ukraine-Krise oder der Rolle Russlands in Syrien wie immer angriffslustig. Als Rose beispielsweise wissen wollte, ob sich Putin für Russland eine grössere Rolle auf der Welt wünsche, meinte der Kreml-Chef lakonisch: «Wir sind nicht diejenigen, die davon besessen sind, eine Supermacht zu sein.» Oder: «Wir haben Truppen in der Ukraine. Na und? Ihr Militär ist in Europa präsent. Sie haben Atomwaffen in Europa. Heisst dies, dass die USA Deutschland besetzt haben?»

Putin: «Habe kein Recht, Obama zu beurteilen»

Ansonsten waren es aber ungewohnt versöhnliche Töne, die der russische Premier während des Interviews anschlug. Auf die Frage, wie er zu Obama stehe, antwortete er etwa ganz diplomatisch: «Ich habe kein Recht, ihn zu beurteilen. Das ist Sache der amerikanischen Bürger.»

Und auch bei der provokativen Frage, ob er den US-Präsidenten aussenpolitisch für einen Schwächling halte, blieb Putin sachlich: «Ganz und gar nicht. Ich denke, dass die USA wie in jedem anderen Land auch, Aussenpolitik auch dazu genutzt wird, um innenpolitische Schlachten zu gewinnen. Und dafür wird dann hier gern die Russland-Karte gezogen.»

Angesprochen auf die Vorzüge der USA aus seiner Sicht, meinte er ausserdem: «Ich mag die Kreativität der Amerikaner. Die Kreativität beim Lösen von Problemen. Amerikas Offenheit. Sie erlaubt es, das gesamte Potenzial der Bürger zu entfesseln. Dank dieser Kreativität hat sich Amerika als Land so beeindruckend entwickelt.» (gr/eg/SDA)

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