Nachdem Grossbritannien vergangene Woche 23 russische Diplomaten aus dem Land rausgeworfen hat, ziehen weitere Länder nach. Deutschland hat laut Bundesaussenminister Heiko Maas vier Diplomaten ausgewiesen. Die betroffenen Diplomaten müssten Deutschland innerhalb von sieben Tagen verlassen, teilte das Auswärtige Amt am Montag mit. Diese Aufforderung sei der russischen Botschaft übermittelt worden. Zugleich wurde betont, Berlin bleibe weiterhin zum Dialog mit Russland bereit. Laut Heiko Maas habe man «die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen». Aber man wolle «ein Zeichen der Solidarität an Grossbritannien senden».
Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sprach dagegen von «schlichtem Unverstand». Das Verbrechen von Salisbury sei nicht aufgeklärt, Beweise für die russische Täterschaft lägen nicht vor, sagte sie in Berlin.
Auch Kanada, Frankreich und Polen weisen jeweils vier Personen aus. In Tschechien und Litauen sind es drei, in Italien, Spanien, den Niederlanden und Dänemark zwei Diplomaten. Estland, Ungarn, Lettland, Schweden, Rumänien, Finnland und Kroatien schmeissen je eine Person raus. In der Ukraine sind 13 Personen betroffen.
USA schmeissen 60 Russen raus
In den USA müssen sogar 60 «Agenten» das Land verlassen, wie ein US-Regierungsmitarbeiter mitteilt. Zwölf der betroffenen Russen sind bei der Uno in New York stationiert. Wie alle anderen haben auch sie nun sieben Tage Zeit, das Land zu verlassen. Zudem werde das russische Konsulat in Seattle auf Anweisung von Präsident Donald Trump komplett geschlossen, hiess es am Montag in Washington.
Betroffen von den Ausweisungen seien russische Agenten, die in hohem Masse damit beschäftigt seien, «aggressiv Informationen zu sammeln». Um welche Informationen es sich handelt, wollte ein hochrangiger Mitarbeiter des Weissen Hauses am Montag nicht sagen. Russland habe derzeit deutlich mehr als 100 aktive Agenten in den USA.
Damit steigt die Zahl ausgewiesener Diplomaten auf über hundert Personen.
Auch Australien zieht Konsequenzen und weist zwei russische Diplomaten aus. Der Angriff auf Skripal und auf dessen Tochter sei Teil des rücksichtslosen und bewussten Verhaltens des russischen Staates, das zunehmend eine Bedrohung für die internationale Sicherheit darstelle, heisst es in der Mitteilung.
Russland kündigt Vergeltung an
Russland hat Vergeltung angekündigt. Die Massnahmen der EU-Länder und der USA seien eine «Provokation», erklärte das Aussenministerium am Montag in der russischen Hauptstadt. «Wir werden darauf antworten.» Russland müsse entsprechend viele Diplomaten ausweisen, sagte der Vizechef des Aussenausschusses des russischen Oberhauses, Wladimir Dschabarow, am Montag in Moskau.
Skripal und Tochter im Koma
Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter Julia wurden am 4. März in Salisbury (England) vergiftet. Seither liegen sie im Koma. Ihr Zustand sei gemäss den Ärzten ernst, aber stabil. Die britische Regierung macht Russland für den Anschlag verantwortlich. Russland weist die Vorwürfe zurück.
EDA will erst «Untersuchung abwarten»
Die Schweiz folgt dem Beispiel der USA und der EU nicht. Auf Anfrage von BLICK teilt das EDA mit, dass man das den Anschlag in aller Schärfe verurteile. «Aussergewöhnlich und besorgniserregend ist auch die erstmalige Verwendung eines Nervengifts der «Novichok»-Klasse». Doch bevor die Schweiz allfällige Schlussfolgerungen ziehe in Bezug auf die Hintergründe und Urheberschaft dieser Tat, «müssen die Ergebnisse der laufenden Untersuchungen abgewartet werden». (SDA/man/neo)