Moskau erfindet im Fall Skripal Resultate aus Schweizer Labor
OPCW weist Giftgas-Vorwurf zurück

Im Fall der Giftattacke auf den früheren russischen Doppelspion Sergej Skripal war nach Angaben der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) nur ein Nervengift eingesetzt worden. Die Schweiz kritisierte anderslautende Aussagen Russlands als «inakzeptabel».
Publiziert: 18.04.2018 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 01:00 Uhr
Das Hauptquartier der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag.
Foto: KEYSTONE/EPA ANP/EVERT-JAN DANIELS

Im Fall der Giftattacke auf den früheren russischen Doppelspion Sergej Skripal war nach Angaben der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) nur ein Nervengift eingesetzt worden. Die Schweiz kritisierte anderslautende Aussagen Russlands als «inakzeptabel».

OPCW-Chef Ahmet Üzümcü wies am Mittwoch in Den Haag Darstellungen Moskaus als falsch zurück, wonach zum Beispiel das auf C-Kampfstoffe spezialisierte Labor Spiez im Kanton Bern auch Spuren eines westlichen Giftes entdeckt hatte.

Keine andere Chemikalie identifiziert

OPCW-Experten hatten festgestellt, dass Skripal und seine Tochter Julia mit dem in der damaligen Sowjetunion fabrizierten Giftstoff Nowitschok angegriffen worden waren. «Es gab keine andere Chemikalie, die von den Labors identifiziert wurde», sagte Üzümcü.

Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hatte zuvor erklärt, dass ein Schweizer Labor in den Proben auch das im Westen produzierte Nervengift BZ entdeckt habe - gemeint hatte er das Labor Spiez.

Der OPCW-Chef sagte, dass sich BZ in einer Kontrollprobe befunden habe. Solche Proben würde die OPCW nach ihrem Standard-Verfahren zu den Labors schicken, um die Qualität der Untersuchungsmethoden zu prüfen.

Schweiz beschuldigt Moskau

Die Schweiz äusserte Unverständnis über die Aussage des russischen Aussenministers und beschuldigte Russland indirekt der Falschinformation. Ein Analysebericht, wie er vom russischen Aussenminister zitiert wurde, würde in Wirklichkeit nie in der zitierten Form und Sprache abgefasst, sagte die stellvertretende Schweizer Repräsentantin bei der OPCW, Nadine Olivieri Lozano, gemäss einem auf Twitter verbreiteten Redetext.

Wie eine solche Aussage gemacht werden könne, sei für die Schweiz unverständlich, erklärte Loivieri Lozano weiter. Solche Handlungen würden die Glaubwürdigkeit und die Integrität der OPCW schwächen. Sie seien deshalb inakzeptabel. Zudem würden Vertraulichkeitserklärungen zwischen der OPCW und den Laboren die Unparteilichkeit der Analysen sicherstellen.

Für Grossbritannien kommt nur Russland infrage

Daneben rief die Schweizer Vertreterin Russland zur vollständigen Zusammenarbeit in dem Fall mit den britischen Behörden auf. Russland müsse berechtige Fragen beantworten und zur Klärung des Falles beitragen.

Russland kenne die Prozedur rund um die Kontrollproben «ganz genau», sagte auch die britische Uno-Botschafterin Karen Pierce im Uno-Sicherheitsrat, wo sie sich mit dem russischen Uno-Botschafter Wassili Nebensja erneut einen Schlagabtausch lieferte. Dem russischen Aussenminister Lawrow warf sie ebenfalls «absichtliche Verwirrung» vor. Nebensja warf London im Gegenzug «Lügen und Mutmassungen» vor.

Grossbritannien bekräftigte seine Anschuldigungen gegen Russland. «Wir glauben, dass nur Russland die technischen Mittel, Erfahrungen und ein Motiv hat, die Skripals anzugreifen», erklärte der britische Botschafter Peter Wilson vor dem OPCW-Exekutivrat am Mittwoch in Den Haag.

Was ist Nowitschok?

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

Russland habe gegen die Chemiewaffenkonvention verstossen und dem Ansehen der OPCW geschadet, sagte der Diplomat. Die britische Delegation bei der OPCW hatte seine Bemerkungen, die in der nicht öffentlichen Sitzung fielen, über Twitter verbreitet.

Die Skripals waren am 4. März im südenglischen Salisbury bewusstlos gefunden worden. Grossbritannien macht Russland für den Anschlag verantwortlich. Moskau weist das vehement zurück. (SDA)

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