Donald Trump (71) hatte nicht viel zu lachen in seinen zehn Monaten als US-Präsident. Seine Einreisesperre wurde vor Gericht gekippt, Obamacare konnte er nicht abschaffen und seine Beliebtheit beim Volk ist schon länger auf dem Sinkflug.
Doch nun steht Trump vor seinem ersten grossen Triumph: Er hat seine im Wahlkampf gross angekündigte Steuerreform im US-Senat durchgebracht. Es ist die bedeutendste Umwälzung des Steuergesetzes seit 31 Jahren, als Ronald Reagan (†93) Präsident war (1981–1989).
Es war knapp: Neben allen Demokraten stimmte auch der Republikaner Bob Corker dagegen. Seiner Ansicht nach lassen die geplanten Steuersenkungen den staatlichen Schuldenberg weiter steigen.
Zwei weitere Abweichler aus den Reihen der Republikanern hätten die Reform zu Fall bringen können. Doch in letzter Minute gelang der konservativen Partei, die beiden weiteren Politiker umzustimmen, die sich erst noch gesträubt hatten.
Kurzfristige Änderungen an Mega-Dokument
Jeff Flake aus Arizona versprach man ein Entgegenkommen bei den «Dreamers» – das sind von der Abschiebung bedrohte Kinder illegal eingewanderter Migranten. Ein weiterer erhielt Zugeständnisse bei der Bewahrung bestimmter Errungenschaften des Obamacare-Gesundheitssystems.
Die Abstimmung fand um 2 Uhr morgens (Ortszeit) statt, nachdem führende Republikaner noch in letzter Minute Änderungen am 479 Seiten langen Text vorgenommen hatte. Das verärgerte vor allem die Demokraten.
Der Demokraten-Chef Chuck Schumer kritisierte, letztlich habe kein Senator die Chance gehabt, die endgültige Version zu lesen: Er nannte die Reform ein «Produkt, auf das niemand stolz sein kann und für das sich jeder schämen sollte.»
Das Repräsentantenhaus hatte die Reform bereits Mitte November abgesegnet. Beide Kammern müssen nun ihre Versionen der Reform abgleichen und erneut darüber abstimmen. Trump möchte die gemeinsame Fassung gerne vor Weihnachten unterzeichnen.
Doch was steht im neuen Gesetz? BLICK stellt die Gewinner und Verlierer vor.
Die Gewinner
- Konzerne
Der Steuertarif für Unternehmen soll von heute 35 Prozent auf 20 Prozent sinken – und damit unter den Durchschnitt der Industriestaaten von 22,5 Prozent. Dazu können Mega-Konzerne wie Apple oder Microsoft neu das Geld, das sie in Steuerparadiesen parkiert haben, zu günstigen Steuersätzen zurück in die USA bringen.
An einer weiteren Neuerung werden global agierende Firmen ihre Freude haben: Anstatt dass sie ihre weltweit erzielten Gewinne bei der US-Steuerbehörde versteuern müssen, werden sie künftig praktisch nur noch auf Beträgen Steuern zahlen, die in den USA generiert wurden.
- Superreiche
Neben den Unternehmen hält die Reform vor allem für Reiche ein paar Geschenke bereit. So soll die «Estate Tax» gestrichen werden. Das ist eine Art Erbschaftssteuer auf Villen mit mehr als sechs Millionen Dollar, die an die Verwandtschaft verschenkt werden.
Dazu soll eine weitere Steuer wegfallen. Sie sorgt momentan dafür, dass Reiche, die mit legalen Tricks ihre Steuern reduzieren, eine Mindeststeuer bezahlen.
Donald Trump hat immer wieder betont, er selbst würde mit der Reform Geld verlieren. Das stimmt nicht. Er und seine Familie dürften von beiden Regelungen profitieren. Eine Analyse des Urban-Brookings Tax Policy Center in Washington kam zum Schluss: Wer mehr als 700'000 Dollar im Jahr verdient, zahlt künftig 13 Prozent weniger Steuern. Mit Millionen-Einkommen sind die Entlastungen sogar noch grösser.
Die Mittelklasse – vorerst
Die Republikaner versprechen auch dem Mittelstand bessere Konditionen. Und diese bekommt er wohl auch. Berechnungen des Steuer-Kommitees der Regierung (bei dem beide Parteien vertreten sind), bekommt ein Grossteil der Amerikaner mit einem Jahreseinkommen zwischen 50'000 und 75'000 Dollar eine saftige Reduktion. Sie soll durchschnittlich 850 Dollar betragen. 2019 könnten knapp zwei Drittel der Amerikaner mindestens 100 Dollar weniger an Steuern bezahlen.
Doch es gibt einen Haken: Die Klausel hat ein Ablaufdatum. Im Gegensatz zu den Vergünstigungen für Unternehmen laufen diese für Privatpersonen im Jahr 2025 aus. Wenn sie nicht verlängert werden, zahlt der Durchschnittsbürger in acht Jahren sogar mehr als heute.
Die Verlierer
- Die Armen
Die Reform senkt die Steuern auf allen Einkommenskategorien. Doch 44 Prozent der Amerikaner bezahlen keine Einkommenssteuer auf Bundesebene – sie haben also nichts davon.
Vielen könnte das neue Gesetz sogar schaden. Es sieht nämlich vor, ein wichtiger Teil der Gesundheitsreform Obamacare wieder abzuschaffen: Die Pflicht, eine Krankenversicherung abzuschliessen. Wenn die Strafgebühr für Nichtversicherte wegfällt, dürfte das zum Anstieg der Prämien führen.
Das wiederum führt dazu, dass sich mehr und mehr Menschen keine Krankenversicherung leisten können. Unabhängigen Schätzungen zufolge könnten in zehn Jahren 13 Millionen Amerikaner betroffen sein.
- Die US-Staatskasse
Die USA ist massiv verschuldet. Das Defizit beträgt 20 Billionen Dollar. Die Reform wird einer Berechnung des Haushaltsbüros des Kongresses ein Loch von einer weiteren Billion US-Dollar in die Staatskasse reissen, andere Schätzungen gehen von 1,5 Billionen aus.
Trump und die Republikaner argumentieren, dass dieses Geld mit dem Aufschwung, den die Reform auslöst, wieder hereingeholt wird. Ob der Plan tatsächlich aufgeht, darüber sind sich die Experten nicht einig.
- Die Natur
Die Reform beinhaltet nicht nur Steuergeschenke. Auch ist es neu erlaubt, in den Naturschutzreservaten in Alaska nach Öl und Gas zu bohren. Somit ist ein Naturschutzgesetz, das seit den 60er-Jahren in Kraft ist, aufgehoben.
- Die Alten – vielleicht
Das Repräsentantenhaus will die Abzüge für medizinische Ausgaben abschaffen. Davon profitieren zurzeit 8,8 Millionen Amerikaner, vor allem ältere. In der Senats-Version des Gesetzes sind diese Abzüge zwar aufgeführt – der Passus dürfte also noch zum Zankapfel bei den Verhandlungen um die endgültige Version werden. (rey)
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