Noch sind die genauen Hintergründe zur Tötung des Schweizers Aristo D.* (†59) in Brasilien vor zwei Wochen unklar. Der Schweizer wurde entführt und beim Fluchtversuch mit drei Kugeln tödlich verletzt. Gemäss den lokalen Medien konnte ein verdächtiger Mann festgenommen werden, weil Polizisten zufällig die Schüsse hörten. Der Mann gestand die Tat und gab an, dass er angeheuert wurde. Er sollte angeblich geschuldetes Geld eintreiben.
Ob es tatsächlich um umgerechnet 1970 Franken Schulden ging, ist unklar. Wie mehrere Personen aus dem Umfeld von Aristo D. gegenüber Blick angeben, hatte der Schweizer keine Schulden, bis auf Anwaltsschulden, die sich durch einen Sorgerechtsstreit um seinen kleinen Sohn angesammelt hatten. Auch das Auto soll seit Jahren im Besitz von Aristo D. gewesen und vollständig bezahlt sein.
Aus Verzweiflung hatte er sich an Blick gewandt
Der Getötete war aber nach dem Tod seiner brasilianischen Ehefrau vor knapp einem Jahr in einen Sorgerechtsstreit mit seiner Schwiegermutter verwickelt. Aristos Sohn Ramon* (2) lebte vorübergehend gegen den Willen des Schweizers bei ihr. Weil Aristo D. seinen Sohn so schnell als möglich in die Schweiz bringen wollte, wandte er sich verzweifelt an Blick. Er blieb bis kurz vor seinem Tod mit Blick in Kontakt.
Aufgrund der Berichterstattung von Blick ermittelt die Polizei in Brasilien weiter an den Hintergründen zur Tötung des Schweizers. «Wir haben den mutmasslichen Täter gefasst und er bleibt in Haft. Aufgrund der neuen Erkenntnisse mit dem Sorgerechtsstreit haben wir eine neue Untersuchung eingeleitet, um zu schauen, ob die Geschichte des Angeklagten wahr ist und ob andere Personen hinter dem Mord stecken», sagt die in der Ortschaft Goianésia zuständige Polizistin Ana Carolina Pedrotti.
Neue Hinweise durch Handy-Auswertung?
«Die Berichte von Blick haben gezeigt, dass es bei der Sache von Aristo D. wohl auch um das Sorgerecht geht. Deshalb haben wir unsere Untersuchungen erweitert», so Pedrotti.
Wer gab den angeblichen Auftrag an den verhafteten Rai R.? Wichtige Rückschlüsse und Verbindungen könnten sich auf dem Handy von Aristo D. finden. Dieses soll nun untersucht werden.
Blick konnte auch eine Frau ausfindig machen, die Aristo D. im Sorgerechtsstreit unterstützte und den verzweifelten Schweizer bei sich aufnahm. Sara S.* war damals anwesend, als der Mörder bei ihrem Haus auftauchte und Aristo D. unter einem Vorwand weglockte.
Sohn war zur Tatzeit bei der Grossmutter
Seit Anfang September hatte Aristo D. seinen Sohn wieder in seiner Obhut. Die brasilianischen Behörden hatten entschieden, dass ihm sein Kind unrechtmässig von der Schwiegermutter entzogen worden war. Die Schwiegermutter hatte jedoch nach wie vor ein Besuchsrecht.
Zum Zeitpunkt der Tötung war das Kind nicht beim Vater, sondern zu Besuch bei der Schwiegermutter. Sara S.: «Ramon wurde zur Grossmutter gebracht. Kurz darauf kam der Mörder zu uns nach Hause.» Sara S. hat deshalb die Schwiegermutter von Aristo D. im Verdacht. Diese soll möglicherweise die Finger im Spiel gehabt haben.
«Wer Sorgerecht hat, hat Anspruch auf mögliche Rente»
Aristo D. soll eine Lebensversicherung gehabt haben. Seine verstorbene Ehefrau besass ein Haus. Begünstigter im Todesfall von Aristo D. und seiner Ehefrau sei Söhnchen Ramon. Dieser lebt inzwischen wieder bei der Grossmutter. Carlos Eduardo da S. Costa unterstützte Aristo D. im Sorgerechtsstreit. «Wer das Sorgerecht hat, hat auch den Anspruch auf eine mögliche Rente oder Güter, die noch übrig sind», sagt der Anwalt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Zu den Hintergründen sagt da S. Costa: «Mir waren keine Schulden von Aristo D. bekannt.» Ob der kleine Ramon je erfahren wird, warum sein Vater getötet wurde, liegt jetzt in der Hand der brasilianischen Ermittlungsbehörden.
* Namen der Redaktion bekannt