So ein cooles Video von einem wilden Bären gibt es kaum ein zweites Mal: Mirko Righi (19) ist am 6. April mit seiner Enduro auf der Bergstrasse nach Strembo (I) unterwegs. Righi ist nur anderthalb Kilometer vom 558-Seelen-Ort entfernt, als es zur ausserordentlichen Begegnung kommt. «Plötzlich sprang vor mir ein Bär rechts vom Hang auf die Strasse», sagt der Töfffahrer.
Der junge Italiener kann rechtzeitig bremsen. Statt den Töff zu wenden und das Weite zu suchen, stellt der angehende Landvermesser den Motor seiner Motocross-Maschine ab – und zückt seine Kamera. Auch der Bär hält inne. Von Scheu keine Spur.
Bär M18 riss zuvor zwei Esel
Es folgen atemberaubende elf Minuten Film. Auge in Auge mit dem ausgewachsenen Braunbären. Nur 40 Meter vom Grossräuber entfernt hält Mirko Righi die Linse auf M18 gerichtet. Am Ohr des Tieres ist deutlich eine Marke zu erkennen. Es ist kein Kuschelbär!
M18 ist registriert und schon früher im Veltlin in eine Foto-Falle getappt. Das sechsjährige Männchen, Halbbruder des berühmten Bündner Problembären M13, hat noch am Tag vor der Begegnung mit Righi im Camonica-Tal zwei Esel gerissen. Hunger hat Meister Petz jedenfalls keinen. Glück für den Töfffahrer.
Mulmiges Gefühl
«Am Anfang zitterten meine Hände», gesteht Righi, «doch als der Bär so entspannt reagierte, habe ich einfach draufgehalten.» Er weiss, wie man sich im Fall eines Bären-Kontaktes verhalten muss. «Ruhig bleiben. Das Tier beobachten. Wenn der Bär näher kommt, langsam zurückweichen», erklärt der Student. Doch mulmig sei ihm schon gewesen.
In den folgenden Minuten posiert M18 wie ein Shooting-Star. Er dreht sich. Er setzt sich. Legt sich hin. Er schnüffelt am Gras. Dann trottet er ein paar Schritte auf Mirko Righi zu. Der mutige junge Mann weicht lautlos mit dem Töff zwei Meter zurück. Die Kamera aber lässt er unermüdlich laufen.
Schon dreimal Bären begegnet
«Gehst du? Oder soll ich gehen?», ruft der Töfffahrer dem Bären in ruhigem Ton zu. Dieser bleibt stehen, setzt sich wieder hin, lümmelt sich erneut auf den Asphalt. Das Spiel geht eine gefühlte Ewigkeit so weiter. Dann aber übernimmt M18 die Führungsrolle und bewegt sich langsam in Richtung Motorrad. Nicht aggressiv, aber auch keineswegs furchtsam.
Nun ist es Zeit abzuziehen, entscheidet Mirko. Gelassen spricht er zum Bären: «Bleib schön da. Ich gehe ja schon.» Der leidenschaftliche Hobby-Fotograf dreht seine Maschine vorsichtig auf der engen Bergstrasse und fährt langsam davon.
Schon mal auf Bären getroffen
Mirko Righi ist nicht unerfahren mit Bären. Bereits in den Sommern 2011 und 2017 war er zwei Exemplaren im Wald und auf der Alp begegnet. «Das erste Mal war es eine Bärin mit zwei Jungen. Doch die waren recht weit weg.»
Das Erlebnis vom vergangenen Freitag sei schon toll gewesen, sagt Righi. «Ich kann bis heute noch nicht richtig glauben, was mir da passiert ist, schaue mir immer wieder das Video an.» Das tun auch andere. Das Youtube-Video wurde bereits über 100'000-mal angeklickt.